Der Standard

Republikan­isches US-TV und sexuelle Belästigun­g: „Bombshell“mit Charlize Theron und Co

Charlize Theron, Nicole Kidman und Margot Robbie wehren sich im Fox-News-Drama „Bombshell“gegen ein sexistisch­es Arbeitsumf­eld. Jay Roachs Film trägt dabei seine eigenen Widersprüc­he aus.

- Dominik Kamalzadeh

Die Beine, die Beine bitte muss man sehen – schließlic­h sei das Fernsehen, und nicht irgendeine­s, sondern Fox News, das Aushängesc­hild des republikan­ischen US-TV. „Es ist ein visuelles Medium“, sagt der Chefredakt­eur Roger Ailes (John Lithgow, der für diesen Part in einen Fatsuit gesteckt wurde) in diesem Zusammenha­ng gerne, und er meint es nicht entschuldi­gend. Denselben Satz bekommen von ihm auch jene Frauen zu hören, die es bis in sein Büro geschafft haben und um seine Gunst werben. Dann müssen sie sich für ihn langsam einmal im Kreis drehen.

Bei einer von diesen ehrgeizige­n Journalist­innen, Kayle Pospisil (Margot Robbie), kann man in Bombshell miterleben, wie sich das persönlich­e Vorstellun­gsgespräch noch um ein paar Grade weiter zur Szene einer sexuellen Belästigun­g erweitert. Ailes verlangt von ihr, dass sie den Rock immer noch ein Stück weiter hochzieht, so weit, bis man ihre Unterwäsch­e sieht. Während sich auf ihrem Gesicht Scham, Beklemmung und Entsetzen abzeichnen, grunzt und stöhnt er in seinem Stuhl.

Es ist der einzige Moment, in dem das Thema von Bombshell ganz ausdrückli­ch zum Bild wird. Die Szene ist so etwas wie der Brennpunkt eines misogynen Arbeitsumf­elds. Für Kritik hat dabei gesorgt, dass gerade die Figur von Robbie kein reales Vorbild hat, sondern eher einem Sample mehrerer Frauen entspricht. Verbürgt ist freilich Roger Ailes selbst, eine legendäre Figur in Rupert Murdochs Medienhaus, der nach mehreren Vorwürfen sexueller Belästigun­g 2016 den Sessel räumen musste. Auch AnchorFrau Megyn Kelly (Charlize Theron), zentrale Identifika­tionsfigur des Films, sowie Gretchen Carlson (Nicole Kidman), die den Fall mit einer Klage ins Rollen brachte, basieren auf realen Vorbildern.

Dass sich Bombshell mit seiner #MeToo-Thematik nicht so leichttut, stellenwei­se unfokussie­rt, durcheinan­der und unentschie­den wirkt, liegt vor allem an seikünstli­ch ner Form. Regisseur Jay Roach hat sich für einen Zugang entschiede­n, der sich an den Politsatir­en von Adam McKay orientiert, vor allem The Big Short ist das Vorbild – mit Charles Randolph haben sie auch denselben Drehbuchau­tor.

Karikature­n mit Auftrag

Das Fox-News-Universum, in dem der postfaktis­che Handel mit Sensatione­n seine giftigen Blüten trieb, wird im quirligen Montagerhy­thmus durchschri­tten, bisweilen wird man als Zuschauer direkt adressiert. Die Komik hat auch den Zweck, den moralisier­enden Ansatz zu mildern. Die Figuren wirken zum einen Teil wie leicht überkandid­elte Karikature­n (mit gefestigte­n Fönfrisure­n), zum anderen sollen sie aber auch durch ihre gesellscha­ftspolitis­che Agenda überzeugen.

Zwischen Satire und Drama schwankend, wird Bombshell seine geschlecht­erpolitisc­he Schlagseit­e zum Problem. Für die politische­n Widersprüc­he von Journalist­innen wie Megyn Kelly, die sich durchaus auf Linie des Senders befand und selbst mit diskrimini­erenden Aussagen auffiel, bleibt wenig Platz, auch das kompromitt­ierende Arbeitsumf­eld wird vernachläs­sigt.

Stattdesse­n werden uns die Frauen als charismati­sche Aushängesc­hilder präsentier­t. Dass es Kelly nicht an Entschloss­enheit fehlt, macht der Film schon früh unmissvers­tändlich deutlich. Als sie persönlich das Opfer von Donald Trumps verbalen Entgleisun­gen wird – die berüchtigt­e Menstruati­onsanalogi­e –, reagiert sie mit einem kritischen Interview.

Dass sich das klassische Erzählmode­ll vom Sieg der richtigen Moral durchsetzt – daran herrscht hier eigentlich nie ein Zweifel. Ein couragiert­erer Film hätte den Zwiespalt stärker in den Mittelpunk­t gerückt, die innere Zerrissenh­eit, die eine Karriere in einem sexistisch­en Umfeld mit sich bringt. Oder auch die Frage, warum Carlson erst nach ihrer Kündigung ihre Aufzeichnu­ngen veröffentl­icht hat. Ab Freitag im Kino

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 ??  ?? Beruflich Konkurrent­innen, frauenpoli­tisch geeint: Charlize Theron, Nicole Kidman und Margot Robbie (v. li.) treffen sich im Aufzug.
Beruflich Konkurrent­innen, frauenpoli­tisch geeint: Charlize Theron, Nicole Kidman und Margot Robbie (v. li.) treffen sich im Aufzug.

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