Halbe-halbe ist die ganze Hoffnung
Die heute in Antholz beginnende WM bietet die besten Gelegenheiten, Österreichs Saison im bewaffneten Langlauf zu retten. Die Biathletinnen haben es in der Hand.
Jedes Rennen bietet eine Chance.“Ricco Groß ist kein Träumer. Aber der viermalige Staffelolympiasieger, der bei Weltmeisterschaften vier Goldene nur für sich und deren fünf mit der deutschen Mannschaft gewann, kennt seinen Sport zu gut, um Unwahrscheinliches nicht für möglich zu halten. Österreichs Chefcoach aus dem sächsischen Erzgebirge gab also vor der Weltmeisterschaft in Antholz den Gewinn einer Medaille als Ziel aus.
Der 49-Jährige stapelt nicht tief, schließlich hat sein Aufgebot aus acht Männern und sieben Frauen im aktuellen Weltcup erst zwei Podestplätze zu Buche stehen. Die Herrenstaffel hatte am 18. Jänner in Ruhpolding recht überraschend Rang drei belegt. Genau eine Woche später kamen Lisa Hauser und Simon Eder in Pokljuka in der jungen Disziplin Singlemixed, die in Antholz erst zum zweiten Mal Bestandteil der WM ist, ebenfalls auf Platz drei.
Dem Podest so fern
Beunruhigender ist es, dass weder Frauen noch Männer des österreichischen Skiverbandes (ÖSV) im bewaffneten Langlauf mit einer gewissen Regelmäßigkeit in Podestnähe kamen. Im Gesamtweltcup sind Lisa Hauser als 21. und Julian Eberhard als 19. die Besten. In Einzelrennen waren dreimal Platz sieben (zweimal Hauser, einmal Katharina Innerhofer) und dreimal Platz acht (zweimal Eder, einmal Felix Leitner) schon Ausreißer nach oben.
Julian Eberhard, der in Italien Bronze im Massenstart zu verteidigen hätte, kam je einmal als Neunter und Zehnter an. Dennoch ist der 33-jährige Saalfeldener aufgrund seiner Laufstärke Groß’ schärfste Waffe beim Saisonhöhepunkt in Südtirol – wenn es um Dekorationen in Einzelbewerben geht. In dieser Kategorie gibt es allerdings auch kaum Athleten aus anderen Nationen neben Norwegen, Frankreich und Deutschland, die große Aussichten haben.
Sieger gab es in den ersten 13 von 24 Saisonrennen gar nur vier. Johannes Thingnes Bö, der sich im Weltcup spielte, hätte er nicht vier Rennen aus familiären Gründen ausgelassen, triumphierte sechsmal. Der ewige Franzose Martin Fourcade, der Bös Pause zum Sturm an die Weltcupspitze nützte, trug fünf Siege davon. Je einmal jubelten Fourcades Landsmann Quentin Fillon Maillet und der Deutsche Benedikt Doll. Damit sind die größten Medaillenfavoriten schon aufgezählt. Hinter ihnen lauern zumindest je zwei weitere Norweger, Franzosen und Deutsche.
Abwechslungsreicher, aber für Österreich nicht besser, ist das Bild bei den Damen. Sechs Athletinnen trugen Siege davon, deren fünf alleine die Norwegerin Tiril Eckhoff, die folgerichtig vor der zweimaligen Saisonsiegerin Dorothea Wierer aus Italien den Weltcup anführt.
Die Schwächen der Österreicher, so schien es bisher, sind am besten in der Gruppe zu kompensieren. Schon die heutige MixedStaffel bietet eine Gelegenheit. Die Singlemixedstaffel, im Weltcup sonst mit der Mixedstaffel ein Tagesprogramm, findet erst in einer Woche statt und dürfte daher besser als im Weltcup besetzt sein. Dennoch werden Hauser und Eder aufgrund ihrer Treffsicherheit Chancen eingeräumt, nach insgesamt 13,5 Kilometern den Medaillen zumindest nahe zu sein.
Österreichs Aufgebot für die Herrenstaffel, die am 22. Februar rund um die und in der SüdtirolArena, dem mit 1600 Metern höchstgelegenen Biathlon-Stadion, steigt, wird sich erst im Lauf der WM herauskristallisieren. In Ruhpolding reüssierte die Einsergarnitur aus Dominik Landertinger, Eder, Leitner und Julian Eberhard. Teile des ÖSV-Aufgebots bereitete sich zuletzt in Martell, wie Antholz in Südtirol, auf 1700 Meter Seehöhe vor, um die körperlichen Herausforderungen, die die WM-Loipen stellen, zu simulieren. „Es wird sicher sehr lauflastig, man muss körperlich in Topform sein“, sagte Eberhard, wohlwissend, das das im Biathlon eher nur die halbe Miete bedeutet.