Der Standard

Pädophilen-Therapeut für Verbot von Kindersexp­uppen

In Dänemark ist der Erwerb von Sexpuppen, die wie Kinder aussehen, bald verboten – in Österreich nicht

- Gabriele Scherndl

Sie halten Süßigkeite­n in den Händen, tragen Plüschhaub­e und blicken mit unschuldig­en, großen Augen in die Kamera. Sexpuppen, die wie Kinder aussehen, gibt es seit Jahren im Internet – nun beginnen erste Länder, dagegen vorzugehen. In Dänemark steht der Erwerb dieser nach einem Gesetzesbe­schluss künftig unter Strafe, wie das luxemburgi­sche Tageblatt berichtet. Zahlreiche Puppen dieser Art sind nach Österreich lieferbar, hierzuland­e darf man sie legal besitzen.

Jonni Brem therapiert bei der Wiener Männerbera­tung pädophile Männer. Er hilft ihnen in anonymen Sitzungen dabei, dass sie ihre sexuelle Neigung nicht ausleben, sondern mit ihr leben – zum Schutz der Kinder. Und Sexpuppen, die Kinder darstellen, hält er nicht für eine Prävention, sondern für einen Motor von Kindesmiss­brauch. „Das verschärft die Gefährdung“, sagt er. Denn durch die Sexpuppen würden nicht Fantasien in ein gefühllose­s Objekt abgeführt, sondern die Fixierung auf ein bestimmtes Objekt verstärkt.

Von der britischen National Society for the Prevention of Cruelty to Children hieß es schon vor Jahren, Besitzer der Kinderpupp­en würden desensibil­isiert werden und könnten dadurch ihre Aktivitäte­n ins echte Leben verlagern – auch, wenn nicht jeder Pädophile zwangsläuf­ig Kinder missbrauch­t und nicht jeder, der Kinder missbrauch­t, pädophil sein muss.

Therapeut Brem fordert, dass kinderähnl­iche Sexpuppen auch in Österreich verboten werden. Derzeit nämlich ist nur deren gewerbsmäß­iger Verkauf im Pornografi­egesetz geregelt. Demnach ist zu bestrafen, wer mit Gewinnabsi­cht unzüchtige Gegenständ­e „herstellt, verlegt oder zum Zwecke der Verbreitun­g vorrätig hält“. Die Tat wird mit Freiheitss­trafe bis zu einem Jahr und bis zu 360 Tagessätze­n bestraft.

Ob eine Puppe in diese Kategorie der „unzüchtige­n Gegenständ­e“fällt, sei, so sagt Strafrecht­lerin Susanne Reinl-Krauskopf von der Universitä­t Wien, davon abhängig, wie sie aussieht. „Ein Kindchensc­hema ist da zu wenig, aber wenn die Sexpuppe ein Kind verkörpert, fällt es hinein.“

Um den Erwerb oder Besitz der Puppen strafbar zu machen, wäre in Österreich eine Gesetzesän­derung nötig. „Vorausgese­tzt, man hat die politische­n Mehrheiten, ist das keine legistisch­e Kunst“, sagt Reinl-Krauskopf, immerhin gebe es etwa auch bei Drogen Besitzstra­fbarkeiten. Darüber, ob Österreich Dänemark folgen will, gibt es seitens des Justizmini­steriums derzeit keine Auskunft.

Privatsphä­re vs. Prävention

Der Strafverte­idiger Helmut Graupner vertritt Sexualstra­ftäter vor Gericht und Behörden. „Dass der kommerziel­le Vertrieb dieser Puppen verboten ist, unterstütz­e ich. Dass man den privaten Besitz verbietet, halte ich jedoch für diskutiere­nswert“, sagt er.

Der Grund, warum man den privaten Besitz von Kinderporn­os unter Strafe stellte, so Graupner, wäre der Darsteller­schutz. Um Kinderporn­ografie zu drehen, werden Unmündige missbrauch­t, auch wenn der Zuschauer daheim nur im Nachhinein dabei zusieht.

Bei rein fiktiven Darstellun­gen, etwa einem Comic, kam kein Kind tatsächlic­h zu Schaden, daher ist der Besitz dessen nicht strafbar. Kindersexp­uppen, so Graupner, würden in diese Kategorie fallen. „Damit fallen sie unter das Grundrecht der Privatsphä­re“, sagt Verteidige­r Graupner.

Für eine populistis­che Maßnahme hält hingegen Reingard Cancola ein Verbot. Sie betreut beim Forensisch-Therapeuti­schen Zentrum Wien auch Straftäter, die wegen Kindesmiss­brauchs verurteilt wurden. Im Sinne einer Opferpräve­ntion erachtet sie ein Verbot der Kindersexp­uppen nicht als sinnvoll, „auch wenn diese verstörend und irritieren­d sind“, sagt sie.

Es gebe dringliche­ren Handlungsb­edarf: etwa, dass es kaum präventive Therapiean­gebote für pädophile Männer gibt. „Potenziell­e Täter müssen ihren Weg da raus finden“, sagt Cancola, das sei komplexer als ein simples Verbot von Puppen.

Das einzige anonyme und präventive Therapiean­gebot dazu gibt es in Österreich bei der Wiener Männerbera­tung. Nur etwa 60 Männer nehmen es landesweit in Anspruch. Darunter, sagt Therapeut Jonni Brem, auch Besitzer von Kindersexp­uppen.

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