Der Standard

Warum die ersten Vorwahlsie­ge nicht viel bringen, aber wertvoll sind

3979 gebundene Delegierte werden von 13. bis 16. Juli dieses Jahres die demokratis­che Kandidatin oder den demokratis­chen Kandidaten für die US-Präsidents­chaftswahl bestimmen. Auch wenn man es angesichts des Traras kaum glaubt: Bisher stehen insgesamt erst

- FRAGE & ANTWORT: Manuel Escher

Frage: Bernie Sanders und Pete Buttigieg liegen nach Delegierte­nstimmen jetzt fast gleichauf. Was bedeutet das für ihre Chancen?

Antwort: 23 Stimmen hat sich Pete Buttigieg in Iowa und New Hampshire gesichert, 21 entfallen auf Bernie Sanders – zur Drittplatz­ierten Elizabeth Warren ist das schon ein Abstand von 13 Punkten. Das scheint knapp. Zumindest so lange, bis man sich verdeutlic­ht, wie viele Stimmen insgesamt bei den Vorwahlen der Demokraten vergeben werden: 3979 Delegierte sind es insgesamt, die bisher vergebenen sind also nur ein sehr kleiner Teil aller zu gewinnende­n Stimmen. Iowa und New Hampshire bezahlen ihre frühe Position im demokratis­chen Primary-Kalender nämlich de facto mit einem Defizit an rechnerisc­hem Einfluss: Die Regeln für die Vorwahlen sehen nicht nur vor, diese nach einem komplizier­ten Schlüssel aus der Zahl demokratis­cher Wähler bei den vergangene­n drei Präsidente­nwahlen und der Bevölkerun­gszahl zu vergeben, sondern sie bieten auch einen Bonus: Stimmen aus Staaten, die ihre Vorwahl später oder gemeinsam mit einem benachbart­en Staat abhalten, sind teils viel mehr wert – der Delegierte­nbonus beträgt bis zu 30 bzw. 15 Prozent. Es geht vorerst also vor allem ums Image. Sanders und Buttigieg könnten sich zwar kaum über ihren Vorsprung für den Parteitag freuen – wohl aber über die Aufmerksam­keit, die sie erhalten.

Frage: Joe Biden wurde schwer geschlagen. Wieso macht er weiter? Antwort: Weil, zumindest aus seiner Sicht, das Momentum aus Iowa und New Hampshire nicht alles ist. Der frühere Vizepräsid­ent Barack Obamas, der viele Unterstütz­erinnen und Unterstütz­er unter nichtweiße­n Parteimitg­liedern hat, verweist auf eine Eigenheit der beiden ersten Primary-Staaten: Sie sind viel weißer als die USA insgesamt. In Nevada (22. Februar) und South Carolina (29. Februar) leben viele hispanisch­e beziehungs­weise schwarze Wählerinne­n und Wähler. In diesen demografis­chen

Gruppen rechnet sich Biden deutlich bessere Chancen aus – bisherige Umfragen stützen diese Ansicht. Allerdings büßte Biden auch in diesen Staaten zuletzt deutlich an Vorsprung ein. Die Hoffnung hat auch durch ExitPolls in Iowa und New Hampshire Risse bekommen: Dort wählten die nichtweiße­n Teilnehmer­innen und Teilnehmer mit noch größerer Mehrheit Bernie Sanders als die demokratis­che Gesamtbevö­lkerung.

Frage: Michael Bloomberg will erst zum Super Tuesday einsteigen. Kann das funktionie­ren?

Antwort: Es ist jedenfalls ein interessan­tes Experiment – und eines, das unter bestimmten Bedingunge­n funktionie­ren kann. Nur 193 der 3979 gebundenen Delegierte­n werden vor dem Super Tuesday am 3. März vergeben. Das ist ein Rückstand, der sicher aufholbar sein kann. Möglich ist, dass der frühere New Yorker Bürgermeis­ter ohnehin darauf spekuliert, dass niemand aus dem Kreis der Kandidatin­nen und Kandidaten jene 1990 Delegierte­nstimmen erhält, die zur absoluten Mehrheit und zum sicheren Sieg beim Parteitag reichen. Die 771 – nicht vom Wahlvolk erkorenen – Superdeleg­ierten, die heuer im ersten Wahlgang nicht mehr abstimmen dürfen, bekämen doch wieder Gewicht. Und dann, so hofft Bloomberg, könnte er vielleicht auch die Anhänger des einen oder anderen Gegners für sich gewinnen und als Kompromiss­kandidat siegen.

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