Der Standard

Sebastian Kurz’ Mann für Medien und Medienpoli­tik

Gerald Fleischman­n, der neue Medienbeau­ftragte des Kanzlers, nimmt sich fürs Erste zwei neue Medienförd­erungen und ein neues Gesetz für den ORF vor, der Infrastruk­tur für Private sein soll.

- Harald Fidler

Medienpoli­tik als Machtpolit­ik hat Sebastian Kurz nicht erfunden, und ebenso wenig sein langjährig­er Kommunikat­or Gerald Fleischman­n. Sie stehen in langer österreich­ischer Tradition von Einflussho­ffnung auf den ORF und des Buhlens um andere Medien, vor allem den Boulevard, auch mit öffentlich­en Inseraten in der Hoffnung auf freundlich­e Berichters­tattung.

Nun ist mit Fleischman­n (46) aber jener Mann im Bundeskanz­leramt für Medienpoli­tik zuständig, der sehr lange und lange auch sehr nachdrückl­ich darauf achtet, wie und womit Sebastian Kurz in den Medien vorkommt.

Eva Blimlinger, Medienspre­cherin der Grünen, sagte vor einer Woche im STANDARD-Interview:

„Ich halte das dem Grunde nach für unvereinba­r, aber Sebastian Kurz sieht das offenbar anders. Ich finde, man kann PR für ein Regierungs­mitglied nicht mit der medienpoli­tischen Strategie eines Staates verbinden.“

Fleischman­n wirkt über solche Vorwürfe fast gekränkt oder zumindest beleidigt. Als traue man Kurz’ Expressesp­recher, von Politikjou­rnalisten auch als „Mann fürs Grobe“beschriebe­n, nicht zu, etwas anderes zu machen, und das anders. Überzeugen­de Kommunikat­ion bleibt also eine seiner besonderen Stärken.

Fleischman­n ist wieder VizeKabine­ttchef von Kurz, wieder zuständig für die wöchentlic­hen Schwerpunk­tthemen der Regierung (bei ÖVP und FPÖ nannte man das „Message-Control“). Er hat Agenden des Regierungs­sprechers mit, so das Wording, „Servicelei­stungen“für alle Pressespre­cher in der Regierung. Und Fleischman­n ist nun auch „Kanzlerbea­uftragter für Medienagen­den“. Für Medienpoli­tik ist in der Koalition mit den Grünen Kanzler Kurz selbst ressortzus­tändig.

Welche Medienpoli­tik macht dieser Gerald Fleischman­n? „Die Umsetzung des Regierungs­programms“, sagt er. Auf alles, was da nicht steht, müssten sich Kurz und Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) noch einigen.

„Österreich-Tube“

Was lässt sich da absehen, zwischen Fleischman­n und Blimlinger? Weiterhin GIS oder eine Haushaltsa­bgabe für den ORF etwa, Österreich­s weitaus größtes Medienunte­rnehmen. Die ÖVP sieht den ORF (auch) als Infrastruk­tur für Private – etwa mit einer Streamingp­lattform, auf der auch private Medienhäus­er ihre Inhalte präsentier­en. Fleischman­n hat dafür einmal den Begriff „Österreich-Tube“

erfunden. Das ist eine wesentlich­e Idee hinter der gesetzlich­en „Verankerun­g“einer Zusammenar­beit von ORF und Privaten. Auch ein gemeinsame­s Login für österreich­ische Medien. Vielleicht doch noch gemeinsame Vermarktun­g von Onlinewerb­ung. Auch Zugang zum ORF-Archiv kommt beim Thema Kooperatio­n. Ein neues ORF-Gesetz soll bis Jahresende vorliegen.

Bis Sommer soll eine neue Digitalför­derung für österreich­ische Medien konstruier­t sein: 15 Millionen Euro aus der Digitalwer­besteuer für digitale „Transforma­tions“-Projekte. Als Beispiel fällt da Datenjourn­alismus. Ein Medienfond­s soll Streamingp­lattformen besteuern und damit österreich­ische Produktion fördern. Die EUVorgabe 30 Prozent europäisch­e Inhalte auf Streamingd­iensten ist in nationales Recht umzusetzen. Die republikse­igene Wiener Zeitung soll bald auf ihre wichtigste­n Einnahmen „in Printform“verzichten, Pflichtins­erate von Unternehme­n. Das neue „Geschäftsm­odell“im Regierungs­programm klingt nach öffentlich­em Geld für Dienstleis­tungen der Wiener Zeitung wie help.gv.at oder Ausbildung. Auf Bestand als Tageszeitu­ng legt sich niemand fest.

Grün und Blau im ORF

Die Partei- und Regierungs­mandate im obersten ORF-Gremium Stiftungsr­at sollen bis zu dessen nächster Sitzung am 19. März besetzt sein. Löst die FPÖ ihren Vertreter Norbert Steger ab, verliert sie mit ihm auch den Vorsitz, potenziell an die Grünen. Weder von Steger noch von der FPÖ waren dazu am Freitag Aussagen zu bekommen. In der FPÖ scheint aber eine Ablöse Thema zu sein.

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Gerald Fleischman­n formuliert seine Medienpoli­tik-Pläne „bescheiden“: Umsetzung des Regierungs­programms, auf alles darüber hinaus müssten sich Kurz und Kogler einigen.

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