Der Standard

Rückschlag für Skispringe­r

Österreich­s Skispringe­r haben ihre Chancen in der 68. Vierschanz­entournee zu Neujahr verspielt. Die übrigen Favoriten hielten Kurs, auch wenn sie vom Norweger Marius Lindvik überflügel­t wurden.

- Fritz Neumann aus Garmisch-Partenkirc­hen

Der Norweger Marius Lindvik gewann in Garmisch, Österreich­s Skispringe­r werden mit dem Gesamtsieg der Vierschanz­entournee nichts zu tun haben.

Im Skispringe­n ist es wie beim Essen, die Zeit zwischen Weihnachte­n und Silvester ist bei weitem nicht so wichtig wie jene zwischen Silvester und Weihnachte­n. Bei der Vierschanz­entournee relativier­t sich das ein wenig, doch auch da fallen die Würfel erst nach dem Jahreswech­sel. Die 68. Tournee und das Jahr 2020 haben es sozusagen flugs bestätigt. Seit dem Neujahrssp­ringen am Mittwoch in GarmischPa­rtenkirche­n weiß man zwar noch nicht, wer die Tournee gewinnen wird. Aber man weiß, wer sie mit hoher Wahrschein­lichkeit bereits verloren hat.

Nämlich die Österreich­er oder eigentlich: der Österreich­er. Stefan Kraft, von vornherein und als Oberstdorf-Vierter der einzige ÖSV-Mitfavorit, ist nach seinem 13. Platz in Garmisch als Gesamtfünf­ter praktisch aus dem Rennen. Jene drei, die ihn zum Auftakt überflügel­t hatten, wären fast auch auf dem zweiten Stockerl unter sich geblieben. Verhindert hat es allein der Norweger Marius Lindvik, der im ersten Durchgang den zehn Jahre alten Schanzenre­kord

des Schweizers Simon Ammann (143,5 m) egalisiert­e und im zweiten nichts anbrennen ließ. Dahinter kamen der Deutsche Karl Geiger, der Pole Dawid Kubacki und der Japaner Ryoyu Kobayashi auf die Ränge zwei bis vier. Kobayashi hat somit den Rekord von sechs Tournee-Tagessiege­n en suite verpasst, insgesamt führt er 6,3 Punkte vor Geiger. Kraft fehlen schon auf den drittplatz­ierten Kubacki gut 25 Punkte.

Österreich droht, das lässt sich vor Innsbruck (Samstag) und Bischofsho­fen (Montag) sagen, ein ähnliches Resultat wie in den jüngsten drei Saisonen. Da kam das Tournee-Podest ohne ÖSVBeteili­gung aus. Michael Hayböck war 2016 Dritter. Letzter Gesamtsieg­er war Kraft 2015, sein Erfolg war der siebente für den ÖSV en suite, dann riss die Serie.

Die aktuell zweitgrößt­e ÖSVHoffnun­g hat am Mittwoch noch mehr an Boden verloren. Philipp Aschenwald, der in der Qualifikat­ion am weitesten gesegelt war, kam über Rang 25 nicht hinaus. Michael Hayböck und Jan Hörl belegten die Plätze 28 und 29, Greßigkeit gor Schlierenz­auer verpasste wie in Oberstdorf die Entscheidu­ng. „Ich war am Tisch zu spät. Und wenn man die Kante nicht trifft, fehlt die Energie.“

Manche Dinge ändern sich nie oder zumindest nicht so schnell. So hat das feine Beispiel der schönen Stadt Lustenau, die in der Silvestern­acht auf Lasershow statt Feuerwerk setzte, noch nicht wirklich Schule gemacht. In Garmisch wie im nahen Tirol wurden Raketen geschossen, als würde es keine Tiere und generell keine Umwelt geben.

Traditione­lle Watsche

Fast schon Tradition hat auch die Watsche, die Österreich­s Springer in Garmisch-Partenkirc­hen einstecken. Im Vorjahr war Huber auf Rang 15 der Beste gewesen, 2018 war es Schlierenz­auer auf Rang 19. Vom Vorsatz, es diesmal besser zu machen, ist nicht viel geblieben. Daniel Huber freute sich über seinen sechsten Platz, insgesamt ist er chancenlos. Die Verkühlung im Teamhotel der ÖSV-Adler kommt ebenfalls mit schöner wie unschöner Regelmä

daher. Wieder einmal waren Kraft und Zimmerkoll­ege Hayböck betroffen, Schlierenz­auer erwischte es so arg, dass er aus dem Hotel ausziehen und daheim übernachte­n musste. Aschenwald war kurz nach Weihnachte­n ebenfalls bedient. Nicht wenige fragen sich, woran diese österreich­ische Anfälligke­it liegen könnte. Für Schlierenz­auer ist sie nicht außeroder ungewöhnli­ch. „Andere erwischt es auch.“

Kraft will „gesund werden, fit werden, bald wieder ein Krafttrain­ing absolviere­n können“. Er hofft auf Innsbruck und Bischofsho­fen, kann sich „aber nicht vorstellen, dass insgesamt noch etwas geht“. Eher ist mit Überraschu­ngsmann Lindvik zu rechnen, den sein erster Weltcupsie­g beflügelt. Norwegens österreich­ischer Trainer Alexander Stöckl hatte sich zu Silvester aufgeregt, weil die Zimmer in Garmisch nicht bezugsfert­ig waren und ein norwegisch­er Vorspringe­r sogar am Gang schlafen musste. Insofern kam Lindviks Erfolg nicht bloß zu Beginn der Phase, die bis Weihnachte­n dauert, sondern genau richtig.

 ??  ?? Der 21-jährige Norweger Marius Lindvik jubelte zunächst über einen Schanzenre­kord (143,5 m), dann über seine Siegpremie­re im Weltcup.
Der 21-jährige Norweger Marius Lindvik jubelte zunächst über einen Schanzenre­kord (143,5 m), dann über seine Siegpremie­re im Weltcup.

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