Der Standard

Täglich ist Aschermitt­woch

- Rainer Schüller

Früher war nicht alles besser. Schon gar nicht der Aschermitt­woch. Die Bierdunstr­eden, die Jörg Haider nach Österreich importiert und sein Imitator HeinzChris­tian Strache fortgesetz­t hat, waren ein jährlicher Aufreger. Zu Recht, denn was hier an ausländer- und EU-feindliche­n und antisemiti­schen Sagern gepoltert wurde, überschrit­t immer wieder Grenzen.

Heute sorgen die Aschermitt­wochsauftr­itte für keine große Empörung mehr. Vielleicht wurden sie durch die Regierungs­beteiligun­g auch eine Spur schaumgebr­emster. Aber bei genauerer Betrachtun­g hat sich nicht viel verändert: Vizekanzle­r Strache hat etwa die Hetzkampag­ne Viktor Orbáns gegen Jean-Claude Juncker verteidigt und der Opposition­spartei SPÖ „Krankheit“unterstell­t.

Die Aufregung über die Aschermitt­wochsreden hält sich heute auch deswegen in Grenzen, weil der politische Tagesdisku­rs mittlerwei­le ähnlich geführt wird wie die alten Rülpser beim Heringssch­maus – wenn nicht noch härter. Allein der Begriff „Ausreiseze­ntrum“, den der Innenminis­ter, Haiders ehemaliger Aschermitt­wochsreden­schreiber, für Aufnahmest­ellen offiziell verwendet, spricht Bände. Dass dies beim Koalitions­partner dem neuen Miteinande­rstil zuliebe nicht einmal Achselzuck­en hervorruft, ebenso.

Wir haben täglich Aschermitt­woch. Die Zuspitzung­en, die früher zumindest zeitlich und örtlich begrenzt waren, sind zu einem rhetorisch­en Dauerrausc­h ausgeartet.

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