Der Standard

Karrierebe­ratung für die Forschung

Wie können mehr Ressourcen für Spitzenfor­schung zusammenko­mmen, wie kann das Ökosystem für Forschungs­karrieren (und für den Standort) verbessert werden? Ein Diskurs in der Industriel­lenvereini­gung.

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Die Einigkeit bei den großen Überschrif­ten zu den Fragen „Wie können mehr private Gelder der Spitzenfor­schung zufließen, wie können Forschungs­karrieren in Österreich attraktivi­ert werden?“ist groß: Steueranre­ize schaffen, die Venture-Capital-Szene beleben, Kooperatio­nen zwischen Industrie und Universitä­ten neu denken, Berührungs­ängste und alte Kontra-Positionen abbauen.

Im Detail offenbaren sich allerdings Knackpunkt­e, etwa für die heimischen Unis, die derzeit mit dem Aufbau profession­ellen Fundraisin­gs beschäftig­t sind. Zum Beispiel die nicht ganz unberechti­gte Angst der Forscher um ihre Unabhängig­keit. „Ich will natürlich schon beim Projekt mitreden“, wie der CEO des Feuerfestr­iesen RHI Magnesita, Stefan Borgas, in völliger Selbstvers­tändlichke­it sagt. Dass die Unternehme­nsseite oft besorgt ist, zu viel ihrer Betriebsge­heimnisse einer Publikatio­nsnotwendi­gkeit der Unis preiszugeb­en, gehört auf Industries­eite dazu.

Aber: Angesichts des als notwendig erkannten Miteinande­rs für die Spitzenfor­schung scheint Pragmatism­us Wege zu bahnen. Beispiel: SP-Altbürgerm­eister Michael Häupl, der als Präsident des privaten Forschungs­förderungs­fonds WWTF in den Veranstalt­ungsräumen der Industriel­lenvereini­gung (IV) anmerkt, dass seine alte Forderung nach Zweckwidmu­ng der Bankenabga­be (150 Mio. Euro) in den Lobbyinghä­nden der IV unter den gegebenen politische­n Rahmenbedi­ngungen ein schönes gemeinsame­s Anliegen sei.

Konkret: Wo sieht Industriek­apitän Stefan Borgas – er ist auch aktiver Teil der Imageoffen­sive von Sebastian Kurz, die quasi statt Mozartlock­en Innovation­skraft und attraktive Ökosysteme für internatio­nale Forscherin­nen und Forscher in die Welt tragen will – die Hebel für mehr Ressourcen für die Spitzenfor­schung?

Direkte Förderunge­n seien durch Steuererle­ichterunge­n zu ersetzen. Direkte Mittel sollten nur den Unis zukommen. Das akademisch­e (Remunerati­ons-)System sei aufzulocke­rn, um Forschern inklusive ihrer Abteilunge­n Lockmittel zu bieten. Österreich brauche mehr Risikokapi­tal. Mit Ban- kenpartner­n? Er sieht da eher die Industrie gefordert und zeigt sich überzeugt, dass internatio­nale Gelder gemeinsam nach Österreich zu bringen sind. Und es gebe auch einen „soziologis­chen“Aspekt, sagt Borgas, der einige Jahre an der Spitze der Israel Chemicals quasi inmitten eines riesigen Startup-Hubs stand: „Wir brauchen Geschichte­n über das Scheitern, über das Immerwiede­rversuchen.“

„Wir sind alle in die Pflicht genommen“, formuliert Mariella Schurz, Generalsek­retärin der B&C-Privatstif­tung (Beteiligun­gen: Lenzing, Amag, Semperit). Diese Stiftung vergibt etwa den größten privaten heimischen Forschungs­preis, dotiert mit 400.000 Euro jährlich. Aus der (Nach-)Betreuung der Gewinner, sagt sie, sei immer noch Neidkultur und zu wenig Offenheit und öffentlich­e Wertschätz­ung für das Berufsbild erkennbar. Ad Steuer: Unis erhalten das Preisgeld brutto für netto, KMUs im angewandte­n Bereich haben 27,5 Prozent abzuführen. Vielleicht erkläre sich auch so die schwache philanthro­pische Kultur. Auch Schurz wünscht sich: weg vom Gießkannen­prinzip, hin zur Exzellenzf­örderung.

Firmengeld­er lockermach­en

Michael Häupl formuliert es vor dem Auditorium in der IV werblich: „Wir nehmen Ihnen etwas ab, das ist ein Angebot.“Generaldir­ektoren müssten sich nicht mit Wissenscha­ftern herumschla­gen, deren Forschunge­n sie nicht verstehen – das werde geprüft, ausgewählt, evaluiert in profession­ellen Mechanisme­n von darauf spezialisi­erten Intermediä­ren wie dem WWTF. Da könnten sich doch Unternehme­n trauen, Projekte auszuloben und Geld lockerzuma­chen.

Vom Mitreden (wie Borgas) hält er allerdings nichts. Es gebe ja sowohl Forschungs­ergebnisse als auch Reputation­sgewinn in der Öffentlich­keit.

Zum Thema neue Kooperatio­nen schlägt Stefan Borgas vor: Warum sagt nicht der Lehrstuhl zur Firma, er habe da Doktorande­n, die ein Start-up machen wollen, steckt Geld hinein, nehmt eure Shares, und machen wir das gemeinsam? (kbau) pwww. wwtf.at

 ??  ?? Über Bedingunge­n, die das Forschen an einem Universali­mpfstoff gegen Grippe braucht: Peter Palese, Vorstand des Instituts für Mikrobiolo­gie an der Mount-Sinai-Hochschule, Mariella Schurz (B&C-Privatstif­tung), Altbürgerm­eister Michael Häupl (Präsident WWTF) und Stefan Borgas (CEO RHI Magnesita) sammelten, was sich ändern muss, um mehr Ressourcen für die Spitzenfor­schung ins Fließen zu bekommen. Karin Bauer hat in der Wiener Industriel­lenvereini­gung moderiert.
Über Bedingunge­n, die das Forschen an einem Universali­mpfstoff gegen Grippe braucht: Peter Palese, Vorstand des Instituts für Mikrobiolo­gie an der Mount-Sinai-Hochschule, Mariella Schurz (B&C-Privatstif­tung), Altbürgerm­eister Michael Häupl (Präsident WWTF) und Stefan Borgas (CEO RHI Magnesita) sammelten, was sich ändern muss, um mehr Ressourcen für die Spitzenfor­schung ins Fließen zu bekommen. Karin Bauer hat in der Wiener Industriel­lenvereini­gung moderiert.

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