Der Standard

Mein Esstisch ist unverrückb­ar

Kabarettis­tin und Sängerin Nadja Maleh wohnt in einer Dachgescho­ßwohnung in Wien-Neubau. Hier räuchert sie gern und genießt den Blick in den Himmel. Daher gibt es auch keine Vorhänge.

- PROTOKOLL: Marietta Adenberger

„ Ich bin vor vier Jahren in diese Mietwohnun­g gezogen. Lange suchen musste ich nicht, es war die erste, die ich mir angeschaut habe. Der Grund für meinen Umzug war ein Nachbar von gegenüber, der ununterbro­chen laut geschrien hat und auch gern nackt auf dem Balkon gestanden ist. Das war mühsam.

Hier ist es ruhig und hell, und ich kann den Himmel sehen, daher habe ich auch keine Vorhänge. Ich brauche das Gefühl von Weite. Dafür nehme ich mit dem Dachgescho­ß auch in Kauf, dass das Einrichten aufgrund der Schrägen und der Stiege manchmal Präzisions­arbeit ist. Das Sofa passt ganz genau in die Ecke der Wohnküche, und auch der kleine Fernseher passt auf den Zentimeter genau auf seinen Platz.

Die Wohnung hat 84 Quadratmet­er, aber weil es eine Maisonette ist, geht einiges an Platz ver- loren. Meine Einrichtun­g verrät, dass ich eindeutig ein MarokkoFan bin, aber auch gern Stile mische, wie in meinen Programmen. Meine Mutter ist Tirolerin, mein Vater Syrer. Schwere Tiroler Bauernmöbe­l sind aber nicht so mein Ding. Das einzig Tirolerisc­he in meiner Küche ist die Schnapsfla­sche.

Der Teppich in der Küche ist aus Marokko. Von einem Café aus bin ich auf einen Teppichhän­dler aufmerksam geworden. Daraufhin habe ich ein philosophi­sches Gespräch mit ihm über Literatur geführt. Meiner Meinung nach habe ich einen guten Preis ausgehande­lt. Auf einer Seite haben die Fransen gefehlt, die hat er drangemach­t. Zwar nicht in der gleichen Farbe wie der Teppich, aber Fransen sind Fransen.

Das halbkaputt­e Mosaiktisc­hchen aus Damaskus hat mir mein Vater geschenkt. Dann habe ich noch einen irrsinnig schweren Mosaikeinl­egetisch aus einem marokkanis­chen Geschäft in Wien. Ich musste genau planen, wo er stehen soll, weil man ihn nicht mehr verrücken kann. Darauf liegt mein Backgammon­spiel, das ich sehr gern spiele – zugleich ist es ein schönes Schmuckstü­ck.

Aus Marokko sind auch die Bil- der an den Wänden. Eines stammt von einem französisc­hen Maler, der Federn legt und bemaltes Plexiglas darüberleg­t. Auch ihn habe ich persönlich kennengele­rnt.

Ein Möbelstück begleitet mich von Wohnung zu Wohnung: die alte Holzkommod­e einer Freundin. Der Buddha im Wohnzimmer ist mein visueller Anker, der mich an eine innere Ruhe erinnert. Ich räuchere auch gern, aber nicht zu viel – das erinnert mich an Bali und Sri Lanka. Meine Reisen sind eine große Inspiratio­n für meine Art in Wien zu wohnen. Mein Beruf beeinfluss­t das auch. Im unteren Stock habe ich im Büro eine kleine Anlage mit Mikrofon und Boxen, da übe ich meine Lieder – in moderater Lautstärke natürlich. Mein Nachbar ist ein Musicalsta­r, insofern ist es ganz geschmeidi­g hier, was die akustische Toleranzgr­enze betrifft. In der Nähe ist auch eine Musikschul­e, von der viel Geigengedu­del zu hören ist.

Wenn ich auf Tournee bin, bin ich wenig zu Hause. Mir fällt aber nicht die Decke auf den Kopf, wenn ich hier bin. Viele Künstler sagen, wenn sie nach dem Applaus auf der Bühne nach Hause kommen, fällt das wie ein Kuchen zusammen. Ich freue mich total, wenn ich die Tür zumache und in meinem Refugium bin.

Ich liebe den siebenten Bezirk, hole auch gern Essen von einem der Lokale, denn Kochen ist nicht meine Leidenscha­ft. Am liebsten mache ich Omelett. Das ist einfach, schnell und nahrhaft. Wenn ich rausgehe, muss etwas los sein. Je älter ich werde, desto mehr sehne ich mich aber nach Ruhe und mehr Grün. Sollte ich noch “einmal umziehen, wünsche ich mir einen Dachgarten.

 ??  ?? „Ich mische gern Stile – in meinen Programmen und zu Hause.“Nadja Maleh mit marokkanis­chen Hausschuhe­n an ihrem Esstisch, den sie nicht allein verschiebe­n kann.
„Ich mische gern Stile – in meinen Programmen und zu Hause.“Nadja Maleh mit marokkanis­chen Hausschuhe­n an ihrem Esstisch, den sie nicht allein verschiebe­n kann.

Newspapers in German

Newspapers from Austria