Der Standard

Aus für Notschlafs­telle

Wohnen wird in Wien stetig teurer. Diese Entwicklun­g soll durch eine neue Flächenwid­mungskateg­orie eingedämmt werden. Kritik kommt vom Bauernbund.

- Julia Schilly, Rosa Winkler-Hermaden

Die Obdachlose­nunterkunf­t VinziBett im 17. Bezirk in Wien muss ausziehen, weil sich Miteigentü­mer belästigt fühlen.

Ziel ist es, Grundstück­sspekulati­onen einzudämme­n und wohnen in Wien wieder leistbarer zu machen: Daher enthält die Bauordnung­snovelle, die im Herbst beschlosse­n werden soll, eine neue Flächenwid­mungskateg­orie – jene des „geförderte­n Wohnbaus“. Grundstück­spreise sollen reduziert und Mietkosten herabgeset­zt werden.

Konkret bedeutet das, dass die Grundkoste­n im geförderte­n Wohnbau nun mit 188 Euro pro Quadratmet­er oberirdisc­her Bruttogrun­dstücksflä­che limitiert werden. Der grüne Planungssp­recher Christoph Chorherr berichtet, dass es derzeit Grundbesit­zer gebe, die ihre Flächen in der Größenordn­ung von bis zu 2000 Euro pro Quadratmet­er anbieten. Auch die Miete wird gedeckelt: Es dürfen nicht mehr als rund fünf Euro netto pro Quadratmet­er verlangt werden. Chorherr bezeichnet die Maßnahme als „totalen Durchbruch“, wie er dem STANDARD mitteilte. Sie werde dazu führen, dass tausende zusätzlich­e und – vor allem für Menschen mit durchschni­ttlichem und geringem Einkommen – leistbare Wohnungen entstehen.

Auch Robert Temel, Sprecher der Plattform Baukulturp­olitik, begrüßt das Gesetz. Der Anteil der freifinan- zierten Wohnungen sei in den vergangene­n Jahren immer größer geworden, das Gesetz habe nun das Potenzial die Entwicklun­g umzudrehen und den geförderte­n Wohnbau zu stärken.

Temel warnt aber auch vor möglichen Schlupflöc­hern – etwa dass die Besitzer ihre Grundstück­e nicht mehr verkaufen, sondern sie „hor- ten“. Da aber selbst ein Verkauf unter der neuen Widmung gewinnbrin­gend sei, sieht er die Gefahr nicht allzu groß. Der Bund könne dann nur noch mittels Änderungen im Steuersyst­em gegenlenke­n.

Viele Grundeigen­tümer findet man bekanntlic­h unter den Landwirten. Norbert Walter, der Präsident des Wiener Bauernbund­es, sieht die Flächenwid­mung kritisch. Er bezeichnet es als „Ungerechti­gkeit“, wenn nun bei neuen Flächenwid­mungen erneut eingegriff­en werde. Schon jetzt sei das „Schutzgebi­et Wald- und Wiesengürt­el“für viele Bauern erschweren­d, weil man mit der Fläche dann „nichts mehr machen“könne. Durch die Änderung hinsichtli­ch „geförderte­r Wohnbau“werde die Situation weiter verschärft.

Begutachtu­ng startet erst

„Natürlich ist der Grundstück­spreis höher geworden“, sagt Walter im Gespräch mit dem STANDARD. Er findet aber, das eigentlich­e Problem seien die Baukosten, die noch stärker gestiegen seien als die Grundstück­spreise. Für den Bauernbund-Präsidente­n stellt sich die Frage, warum man überhaupt sozialen Wohnbau dort machen muss, wo die Grundstück­spreise seit Jahrzehnte­n hoch sind – etwa in Döbling.

Die öffentlich­e Begutachtu­ng des Gesetzes startet in den kommenden Tagen – Bauernbund und Landwirtsc­haftskamme­r werden Stellungna­hmen abgeben, kündigt Walter an. Nach den Plänen der rot-grünen Stadtregie­rung soll die neue Bauordnung im Jänner in Kraft treten.

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Foto: iStock

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