Der Standard

USA geben Kanadas Premier die Schuld an Eklat bei G7- Gipfel

- Alexander Hahn

Washington – Am Eklat beim G7Gipfel ist laut US-Regierung der Gastgeber selbst schuld: Der kanadische Premier Justin Trudeau habe an US-Präsident Donald Trump Verrat begangen, „er hat uns das Messer in den Rücken gestoßen“, sagte Trumps Wirtschaft­sberater Larry Kudlow am Sonntag dem TV-Sender CNN.

Trump hatte überrasche­nd seine Zustimmung zur gemeinsame­n G7-Gipfel-Erklärung zurückgezo­gen. Er begründete seinen Schwenk damit, dass Kanada – das sich laut Trudeau „nicht herumschub­sen lassen“wolle – weiterhin Gegenzölle für die von Trump verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium plant.

Ausgelöst hatte Trump die Aufregung via Twitter, als er auf dem Weg nach Singapur war, wo er am Dienstag Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un treffen soll. (red)

HANDEL

Schon im Vorfeld zeigten sich beim Thema Handel tiefe

Gräben zwischen den USA und den Europäern, Japan sowie Gastgeber Kanada auf der anderen Seite. Letztlich waren es auch die unvereinba­ren Positionen zu den US-Zöllen und mögliche Gegenmaßna­h

men, die nach dem Gipfel für die Eskalation gesorgt haben.

Zuvor hatten sich die Teilnehmer bloß auf den kleinsten gemeinsame­n Nenner einigen können, nämlich eine an frühere Formulieru­ngen angelehnte Erklärung gegen Protektion­ismus. Die angeregte Erneuerung der Welthandel­sorganisat­ion WTO dürfte mit den USA derzeit nicht zu machen sein.

FRAUEN

Fortschrit­te gab es beim Thema Gleichbere­chtigung, das dem Gastgeber Kanada unter Premiermin­ister Justin Trudeau ein besonderes Anliegen war. Mit insgesamt drei Milliarden US-Dollar soll Frauen

in Entwicklun­gsländern bis 2020 unter die Arme gegriffen werden, um den Zugang zu guten Arbeitsplä­tzen, Märkten, Finanzen oder Dienstleis­tungen zu verbessern. Zudem soll das Unternehme­rtum von Frauen gestärkt werden.

Eine Milliarde Dollar wollen die G7-Partner selbst in die Hand nehmen, den Rest soll der Privatsekt­or beisteuern. Auch der Zugang zu Schulbildu­ng für Mädchen in Krisenregi­onen soll gefördert werden.

KUNSTSTOFF­E

Im Kampf gegen Plastikmül­l in den Ozeanen standen die USA nicht allein auf der Bremse, sondern wussten Japan auf ihrer Seite. Folglich verpflicht­eten sich nur Kanada, Großbritan­nien, Frankreich, Deutschlan­d und Italien, bis 2030 eine vollständi­ge Wiederverw­ertbarkeit von Plastikmül­l festzuschr­eiben. Selbst bei einer Recyclingq­uote von zumindest 55 Prozent waren Japan und die USA, größter Verursache­r von Plastikver­schmutzung unter den G7Partnern, nicht an Bord zu holen. Zum Vergleich: In Europa werden derzeit rund 30 Prozent der Plastikabf­älle zur Wiederverw­ertung eingesamme­lt.

KLIMA

Auch beim Thema Erderwärmu­ng gibt es unter den Partnern seit dem Ausscheren der USA unter Präsident Donald Trump aus dem Pariser Klimaschut­zabkommen im Vorjahr

kein Übereinkom­men. Während sich die USA in der Abschlusse­rklärung ihren Sonderweg festschrei­ben ließen, bekannten sich die anderen Staaten zu dem Abkommen.

Dem Vernehmen nach soll sich Trump zunächst sogar dagegen gewehrt haben, den

Klimavertr­ag namentlich in dem Abschlussd­okument zu erwähnen. Dieser soll die Erderwärmu­ng seit Beginn der Industrial­isierung unter zwei Grad, nach Möglichkei­t sogar bei 1,5 Grad halten.

RUSSLAND

Aufhorchen ließ Trump bereits im Vorfeld des Gipfels mit dem Vorschlag, Russland wieder in die G7 einzuglied­ern.

Verständig­ung darüber gab es jedoch keine. Einzig Italien unter dem neuen Ministerpr­äsidenten Guiseppe Conte unterstütz­te den Vorstoß Trumps grundsätzl­ich.

Die anderen G7-Staaten wollen aber zunächst Fortschrit­te im Friedenspr­ozess in der Ukraine abwarten. Von 1998 bis 2014 war Russland bereits Teilnehmer der Runde, die währenddes­sen als G8 bezeichnet wurde. Wegen der Annexion der Halbinsel Krim wurde Russland jedoch wieder ausgeschlo­ssen.

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