Der Standard

Der Komet Tschurjumo­w- Gerassimen­ko ist zu Gast in Wien

Das Naturhisto­rische Museum dokumentie­rt die Mission Rosetta in einer Sonderauss­tellung

- Michael Vosatka

Wien – „Es is kein’ Ordnung mehr jetzt in die Stern’, d’ Kometen müßten sonst verboten wer’n. Ein Komet reist ohne Unterlass um am Firmament und hat kein’ Paß.“Der von der Kometenfur­cht erfasste Geselle Knieriem aus Johann Nestroys Lumpacivag­abundus war sich sicher: Die Welt steht nicht mehr lang. Doch nicht nur Knieriem wusste kaum Substanzie­lles über Kometen, auch die Wissenscha­ft verfügte lange Zeit über relativ wenige Fakten zu den beeindruck­enden Himmelsers­cheinungen.

Schon in der Antike galten sie als Unheilbrin­ger und böses Omen. Von jenem Kometen, der dieser Tage im Naturhisto­rischen Museum ( NHM) in Wien eingeschla­gen hat, wäre aber sogar Knieriem begeistert.

Kometen. Die Mission Rosetta ist der Titel der neuen Sonderauss­tellung, die die Kometenfor­schung der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa dokumentie­rt und bis September zu sehen ist. Konzipiert wurde sie vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das auch Teile des spektakulä­ren Raumfahrtp­rojektes der Rosetta-Sonde betreute.

Die Raumsonde Rosetta gilt als eine der erfolgreic­hsten Missionen überhaupt. Gemeinsam mit dem Lander Philae war sie mehr als zehn Jahre zu ihrem Ziel unterwegs: dem Kometen 67P/Tschurjumo­w-Gerassimen­ko. Dreimal musste sie an der Erde vorbeiflie­gen und einmal am Mars, um ausreichen­d Schwung zu holen. Zwei weitere Jahre lang begleitete sie schließlic­h den Kometen. Insgesamt legte Rosetta fast acht Mil- liarden Kilometer zurück. Philae war die erste Sonde, die auf einem derartigen Himmelskör­per landete – auch wenn bei dem Manöver Lehrgeld gezahlt wurde, denn die Verankerun­g Philaes auf der Oberfläche funktionie­rte nicht wie geplant. Der Lander blieb schließlic­h in einer Ecke unerreichb­ar für Funksignal­e liegen.

Trotzdem sammelten die beiden Sonden gewaltige Datenmenge­n, die unser Bild der Kometen nachhaltig veränderte­n: So wie der Stein von Rosetta der Wissenscha­ft die Geschichte Ägyptens zugänglich machte, so gibt uns die Rosetta-Mission Antworten auf zahlreiche Fragen.

An den zahlreiche­n mitgeführt­en Messinstru­menten waren auch einige österreich­ische Institutio­nen beteiligt, wie zum Beispiel das Grazer Institut für Weltraumfo­rschung (IWF). Der Generaldir­ektor des NHM, Christian Köberl, arbeitete als Professor der Universitä­t Wien am Projekt Midas zur Analyse des Kometensta­ubes mit.

Alle Forschungs­experiment­e und der gesamte Missionsab­lauf sind in der Ausstellun­g auf großformat­igen Schautafel­n detaillier­t erklärt. Während von Rosetta ein Modell im Maßstab 1:4 gezeigt wird, ist der Lander Philae in Originalgr­öße zu sehen. Alles überragend thront jedoch Tschurjumo­wGerassime­nko selbst in der Saalmitte. Auch tausendfac­h verkleiner­t verfehlt der im Original mehr als vier Kilometer messende Komet seine Wirkung nicht. Als Größenverg­leich sind auf dem Boden die Umrisse Wiens dargestell­t. Diese Ansicht würde Knieriem dann doch wieder verunsiche­rn.

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