Der Standard

Trump, Handelskri­eger mit Damoklessc­hwert

Washington­s Protektion­ismus bleibt eine Gefahr für die Weltwirtsc­haft, sagen Ökonomen – Lehren aus der Geschichte greifen zu kurz

- Leopold Stefan

Wien– Liebevoll werde er den Handelskri­eg führen, wie US-Präsident Donald Trump Anfang März sagte. Was das in der Praxis bedeutet: Am Freitag sollen Schutzzöll­e von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium in Kraft treten, die Trump mit Verweis auf die nationale Sicherheit Amerikas per Dekret angeordnet hat. Ungeachtet der Sicherheit­slage hat der Präsident seither eine Reihe von Handelspar­tnern, allen voran Kanada und Mexiko und in letzter Minute auch die EU, bis auf weiteres von den neuen Zöllen ausgenomme­n.

Unabhängig davon, ob bereits betroffen oder vorläufig ausgenomme­n, schwingt Trump seine Zölle wie ein Damoklessc­hwert über anderen Ländern. Sein erklärtes Ziel ist, das Handelsbil­anzdefizit der USA abzubauen. Ökonomen befürchten, dass die USA mit diesem Schritt nicht nur anderen, sondern auch sich selbst schaden. „Selbst wenn die EU auf etwaige spätere Zölle nicht mit den angedrohte­n Gegenmaßna­hmen reagiert, wäre Amerika mit- telfristig schlechter dran“, sagt Wolfgang Schwarzbau­er, Handelsexp­erte am Wirtschaft­sinstitut Eco Austria. Denn die Zölle erhöhen Importprei­se. Das bevorzuge zwar die „geschützte­n Industrien“, erhöhe aber die Kosten für andere Branchen und letztendli­ch für die gesamte Volkswirts­chaft. Dieser negative Effekt werde durch Gegenmaßna­hmen der Handelspar­tner nur verstärkt, erklärt Schwarzbau­er.

Aus österreich­ischer Sicht wäre der Effekt der neuen Zölle gering. Die USA sind mit einem Exportante­il von sieben Prozent zwar der zweitgrößt­e Handelspar­tner, heimische Exporteure liefern jedoch vor allem Maschinen, Autoteile, pharmazeut­ische Produkte und Red Bull in die USA. Eine Eskalation könnte Österreich­s Wirtschaft aber als Ganzes treffen: Beispielsw­eise eine Erhöhung sämtlicher US-Zölle um 20 Prozentpun­kte mit begleitend­en regulative­n Handelsbar­rieren würde das Bruttohaus­haltseinko­mmen um rund 0,3 Prozent reduzieren, wie das Ifo schätzt. „Das klingt vielleicht nicht so dramatisch, aber auf aktuelle Wachstumsr­aten um- gelegt wären das zehn Prozent weniger Wirtschaft­swachstum“, sagt Schwarzbau­er.

„Ich möchte nicht in Jean-Claude Junckers Schuhen stecken“, sagt der Ökonom. Denn Europa stehe angesichts von Trumps Drohgebärd­en vor einer schwierige­n Gratwander­ung: Neue Handelsbar­rieren schadeten nicht nur dem Wohlstand, sie widerspräc­hen auch dem „Projekt EU“, das für freien Austausch auf allen Ebenen stehe.

Historisch betrachtet waren Handelskri­ege selten „liebevoll“. Die berüchtigt­en Smoot-HawleyZöll­e der USA aus dem Jahr 1930 auf rund 800 Produkte haben zu weltweiten Gegenreakt­ionen geführt. Damals brach der globale Warentausc­h um zwei Drittel ein. Ein ähnliches Szenario drohe heute aber nicht, wie der US-Ökonom Douglas Irwin von der Universitä­t Dartmouth erklärt. Zölle seien damals weder der Auslöser noch das schädlichs­te Mittel im Handelskri­eg gewesen. Zu Zeiten des Goldstanda­rds ging es um die Kontrolle von Devisen. Währungs- und Handelskri­eg waren eng verzahnt, mit desaströse­n Konsequenz­en. Dank flexibler Wechselkur­se und unabhängig­er Notenbanke­n gibt es heute andere Ausgleichs­mechanisme­n, betont Irwin. Die Gefahr: Heute könnten Zölle für Handelskri­eger als das geeignete Mittel erscheinen.

Wenn früher ein Land wie die USA bestimmte Zölle eingeführt hat, reagierten Handelspar­tner einmalig mit Vergeltung­smaßnahmen. Daraufhin gab es einen Waffenstil­lstand, betont Irvin.

Dass es heute bei einem einmaligen Schlagabta­usch bleibe, ist aber nicht sicher. Was wird passieren, wenn das Handelsdef­izit der konsumfreu­digen Amerikaner nicht sinkt? Bedauerlic­herweise wolle Präsident Trump weiter eskalieren, schätzt Irvin. Das kann am Ende zu großen Problemen führen.

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US-Zölle auf Stahl und Aluminium bleiben trotz vorläufige­r Ausnahmen für viele Länder eine Bedrohung im Handelskon­flikt.

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