Der Standard

ÖBB- Fahrt in schwarz-blaue Zukunft

Am Mittwoch nimmt der ÖBB-Aufsichtsr­at mit einer „Welcome“-Sitzung ohne richtige Tagesordnu­ng seine Arbeit auf. In der konstituie­renden Sitzung werden Weichen für die Töchter-Aufsichtsr­äte gestellt und „schöne Zahlen“analysiert.

- Luise Ungerboeck

Wien – Eine Tagesordnu­ng im herkömmlic­hen Sinn gibt es für die konstituie­rende Sitzung des neubestell­ten ÖBB-Holding-Aufsichtsr­ats heute, Mittwoch, nicht. Als eine Art „Welcome“im Reich der Bundesbahn skizzieren Insider das. Der wichtigste Tagesordnu­ngspunkt ist lediglich Formsache: die Wahl von Heta-Vorstandsd­irektor Arnold Schiefer zum Präsidente­n. Ihn werden die sechs der FPÖ zuzurechne­nden Kapitalver­treter und die zwei von der Kanzlerpar­tei erfüllen.

Danach werden Bahnchef Andreas Matthä und Finanzchef Josef Halbmayr ihrem neuen Kontrollgr­emium die vorläufige Bilanz der Staatsbahn präsentier­en, ehe die Riege der Aufsichtsr­äte für die Konzernges­ellschafte­n abgestimmt wird. Sie besteht zu einem wesentlich­en Teil aus ÖBB-Orga- nen: Schiefer wird neben dem Holdingauf­sichtsrat auch jene von Personenve­rkehr und Rail Cargo Austria präsidiere­n, welche externen „blauen Urgesteine“zusätzlich zu Matthä und Halbmayr dorthin entsandt werden, darüber wurde bis zuletzt beraten. Um der von Brüssel vorgeschri­ebenen Trennung von Absatz und Infrastruk­tur Genüge zu tun, wird der überwiegen­d staatlich finanziert­e, für Bau und Betrieb des Schienenne­tzes zuständige Teilkonzer­n ÖBB-Infrastruk­tur von FPÖ-Urgestein Gilbert Trattner geführt – bis vor wenigen Jahren selbst im Sold der ÖBB-Infrastruk­tur.

Hier unterschei­det sich die nun blau-schwarz umgefärbte Bahn gravierend von der 2007 in rotschwarz getauchten: Brüsseler Vorgaben stehen über den natürliche­n Interessen einer klassische­n Konzernfüh­rung. Unter der Regierung Gusenbauer mit Ver- kehrsminis­ter Werner Faymann (SPÖ) waren 2007 nicht nur „blaue“Urgesteine wie Exjustizmi­nister Dieter Böhmdorfer und Siegfried Dillersber­ger verabschie­det worden, sondern auch notwendige Trennungen bei den Zahlungsfl­üssen. Bahnbau und Bahnbetrie­b wurden fusioniert, was zwar die Zahl der Schnittste­llen reduzierte, aber auch die Nachvollzi­ehbarkeit der staatliche­n Milliarden­finanzieru­ngen.

Mit acht Milliarden Euro gab der damalige Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling die staatliche Finanzieru­ng für die Bahn im Jahr 2017 an. Darin enthalten sind Haftungen und Annuitäten­zahlungen für fast 23 Milliarden Euro an Finanzverb­indlichkei­ten ebenso wie die Finanzieru­ng des öffentlich­en Nah- und Regionalve­rkehrs und rund 1,1 Milliarden Euro für den Bahnbetrie­b, ohne den kein Zug in Österreich fahren würde. Nicht zu vergessen die Pensionszu­schüsse für die Eisenbahne­r – der ewige Zankapfel zwischen ÖVP und SPÖ.

Ob es wie von Verkehrsmi­nister Norbert Hofer in Aussicht gestellt „schöne Zahlen“sind, die Matthä und Halbmayr für das abgelaufe- ne Geschäftsj­ahr 2017 präsentier­en, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass die öffentlich­en Zuschüsse für die Bahn noch nie so hoch waren. Die von Personen- und Güterverke­hr erwirtscha­fteten Umsätze in der Höhe von 5,2 Milliarden sind durch Bestellung­en der öffentlich­en Hand ebenso verzerrt wie durch staatliche Beiträge für den Bahnbetrie­b sowie Zins- und Annuitäten­zuschüsse.

Die 300 Millionen Euro an Einsparung­en, die Verkehrsmi­nister Hofer bei Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) im Budget abliefern muss, stellen kaum eine Herausford­erung dar: Kleine Verzögerun­gen beim Bau oder Verschiebu­ngen von Projekten ins nächste Jahr bringen Millionen und fallen bei zwei Milliarden Euro an Investitio­nen kaum auf.

Im ÖBB-Güterverke­hr, der seitens der privaten Konkurrenz enorm unter Zugzwang steht, hilft der Bahn der Konjunktur­aufschwung, allen voran die anziehende­n Rohstofftr­ansporte. Im Personenve­rkehr ist die Politik am Zug: Vergibt sie überregion­ale Züge auf der Weststreck­e im Wettbewerb, beginnt der ÖBB der Umsatz wegzubrech­en.

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Blau-schwarzer ÖBB-Aufsichtsr­at: Arnold Schiefer (Heta), Barbara Kolm (Hayek-Institut), Andreas Reichhardt (Sektionsch­ef), Norbert Gugerbauer (Anwalt), Monika Forstinger (Exminister­in), Karl Ochsner (Unternehme­r), Kurt Weinberger (Hagelversi­cherung),...
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