Weiterhin hohe Geldstrafen
Verfassungsgericht ändert seine Rechtsprechung und bestätigt die Rechte der FMA
Der Verfassungsgerichtshof bestätigt die Rechte der Finanzmarktaufsicht: Sie darf weiterhin empfindlich hohe Geldstrafen gegen Unternehmen verhängen.
Wien–Die Finanzmarkt aufsicht (FMA) und andere Behörden dürfen weiterhin empfindlich hohe Geldstrafen gegen Unternehmen verhängen. Der Verfassungsgerichtshof hat vor Jahresende einen Antrag des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) abgewiesen, die entsprechende Bestimmung im Bankwesen gesetz( B WG) für verfassungswidrig zu erklären. Damit hat sich auch die Hoffnung von Banken und Unternehmen, die Flut von oft schmerzhaften V erwaltungsstrafen ein zu dämmen, zerschlagen. Der noch nicht veröffentlichte Entscheid liegt dem Standard vor.
Anlass waren Klagen der MeinlBank und von Western Union gegen Geldstrafen in der Höhe von mehr als 900.000 beziehungsweise mehr als 200.000 Euro, die die F MA wegen Verstößen gegen Bestimmungen zur Geldwäscheund Terrorismusf in anzierungsprävention verhängt hatte. Das BVwGbr achte einen Gesetzes prüfungsantrag beim VfGH ein und berief sich dabei auf die frühere Judikatur des Höchstgerichts, wonach Geldstrafen ab einer gewissen Höhe nur von regulären Straf- gerichten und nicht von Behörden verhängt werden dürfen. Paragraf 99d BWG sieht Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes eines Konzerns vor. Dies verstoße gegen Artikel 91 des Bundesverfassungsgesetzes und sei daher verfassungswidrig.
Rechtsprechung verworfen
Doch der VfGH wies diese Ansicht zurück und verwarf seine bisherige Judikatur. „Der Verfassungsgerichtshof gelangt damit zur Auffassung, dass seine bisherige Judikatur zur Abgrenzung des gerichtlichen Strafrechts und des Verwaltungsstrafrechts vor dem Hintergrund des Art. 91 B-VG mit dem bisherigen Inhalt nicht mehr aufrechterhalten werden kann“, heißt es im Urteil (VfGH 13.12. 2017, G 408/2016-31 et. al.)
Schon länger hatten die Wirtschaftskammer und andere Unternehmensverbände auf eine Beschränkung der Rechte der FMA gedrängt. Sie monierten vor allem einen gegenüber Geschworenenund Schöffengerichten zu schwachen Rechtsschutz in der Verwaltung, etwa beim Recht auf Akteneinsicht. Juristen wiesen außerdem darauf hin, dass Verwaltungsstrafen einst als gelindes Mittel zur Maßregelung gedacht waren und erst unter dem Druck neuer EU-Bestimmungen stratosphärische Höhen erreicht haben – oft auch für recht geringe Verstöße ohne böswillige Absicht.
Aber die Verfassungsrichter verwiesen auf die Verwaltungsgerichtsreform 2012, bei der Verwaltungsgerichte erster Instanz und das BVwG als zweite Instanz geschaffen wurden; seither gebe es genügend Rechtsschutz. Und auch sehr hohe Geldstrafen für Unternehmen dienten nicht, wie im Strafrecht, einem sozialethischen Tadel, sondern sollten auf das zukünftige Verhalten einwirken. Die jetzige Regelung sei außerdem EU-rechtskonform.
„Das Urteil ist nicht gerade hilfreich für die Bestrebungen, die hohen Verwaltungsstrafen einzudämmen“, sagt Bernd Fletzberger von PFR Rechtsanwälte, der Western Union im Fall vertreten hat. Die Debatte über die Praxis der Verwaltungsstrafen werde dennoch weitergehen, ist Fletzberger überzeugt. Durch das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung im Mai entstünden neue Tatbestände für hohe Verwaltungsstrafen, die von der Datenschutzbehörde verhängt werden können.