Rednerrodeo und Rauchzeichen im Parlament
SPÖ probt Oppositionsrolle, und Kern hofft auf Volksbegehren gegen Rauchverbot
Wien – Wenn die (katholische) Welt auf einen neuen Papst wartet, dann ist kollektive Rauchfangbeobachtung angesagt. Und wenn dann endlich weißer Rauch über der Sixtinischen Kapelle aufsteigt, wissen alle, dass die Kardinäle im Konklave ihre Wahl getroffen haben: Habemus Papam. Wir haben einen Papst. Noch-Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern griff das Bild vom Rauch am Mittwoch im Parlament dankbar auf, als er Mutmaßungen über die Endphase der Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und FPÖ anstellte und meinte: „Dieses Konklave wird mit blauem Rauch enden.“
Kern spielte damit auf die Einigung der neuen, türkisgefärbten Volkspartei und der schon bisher blau etikettierten FPÖ an, das bereits beschlossene absolute Rauchverbot in der Gastronomie zu kippen. Die letztlich dominierende Raucherfraktion waren die Blauen. Sie sind es übrigens auch, die mehr direkte Demokratie wollen – und just die könnte, so warnte Kern angesichts der stark unterstützten Nichtraucherpetition der Krebshilfe, der erste Bumerang für Türkis-Blau werden: „Eines der ersten Volksbegehren, das Sie ernten werden, wird eines sein gegen die Aufhebung des Rauchverbots“, sagte Kern. Denn nicht nur die SPÖ werde im Parlament Widerstand leisten, sondern „auch die Zivilgesellschaft wird sich das nicht bieten lassen“.
Das eigentliche Thema, das die SPÖ in der Nationalratssitzung debattieren wollte, betraf aber die noch mit der alten ÖVP beschlossene Aktion 20.000, mit der Jobs für ältere Arbeitslose gefördert werden sollen – und die von der nächsten Regierung fortgesetzt werden müsse, forderte der SPÖChef. Bis jetzt sehe er vor allem ein türkis-blaues „Rodeo der Rückschritte“, sagte der Noch-Kanzler. Er verteidigte die vergangene rotschwarze Wirtschaftspolitik, die nicht nur Investitionen forciert, sondern sich auch besonders dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit verschrieben habe. Die gute Konjunktur habe nämlich die Arbeitslosenzahlen „im Segment 50 plus“eben nicht zurückgehen lassen. Darum seien staatliche Fördermaßnahmen für diese Beschäftigtengruppe weiterhin wichtig.
Für die nun von Sebastian Kurz geführte ÖVP meinte ÖAAB-Ge- neralsekretär Karl Nehammer, es stelle sich bei dieser Initiative „die Frage, ob gut gemeint, auch tatsächlich gut im Sinne der Betroffenen ist“, denn die geförderten Jobs hätten ein „Enddatum“, seien also nicht dauerhaft. Was die nächste Regierung arbeitsmarktpolitisch wirklich vorhat, blieb an diesem Tag jedoch noch offen.
Keine Fragen, sondern sehr dezidierte Urteile sprach dann der zur FPÖ heimgekehrte Ex-TeamStronach-Klubchef Robert Lugar, der einen Abgesang auf „den Sozialismus“anstimmte und die Aktion 20.000 als „Wahlkampfgag“bezeichnete, die nicht treffsicher fördere, sondern vor allem die SPÖ-Wählerschaft. Aber nach der letzten Nationalratswahl gebe es nun ja die „Chance auf eine Sozialpolitik abseits des Sozialismus“.
Fehlkonzeption oder nicht
Nicht so fixiert auf Sozialismus und doch ein Gegner der Aktion 20.000 war auch Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker, der sie eine „Fehlkonzeption“nannte. Gerade in jenen Bezirken, in denen sie schon laufe, gehe die Zahl der offenen Stellen am langsamsten zurück: „Sie entzieht dem Arbeitsmarkt Arbeitskräfte“, sagte Loacker. Die Aktion sei also kontraproduktiv und solle bloß „Arbeitslose aus der Statistik bugsieren“.
Diametral entgegengesetzt war das Urteil der nunmehrigen ListePilz-Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, die als vormalige SPÖ-Mandatarin die Jobaktion mitbeschlossen hat. „Ich stehe hinter dieser Aktion, die man natürlich evaluieren muss“, sagte sie. Wenn „der Markt“keine Möglichkeiten biete, Personen über 50 auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, dann müsse die Politik mit Maßnahmen wie dieser einspringen.