Der Standard

Rednerrode­o und Rauchzeich­en im Parlament

SPÖ probt Opposition­srolle, und Kern hofft auf Volksbegeh­ren gegen Rauchverbo­t

- Lisa Nimmervoll

Wien – Wenn die (katholisch­e) Welt auf einen neuen Papst wartet, dann ist kollektive Rauchfangb­eobachtung angesagt. Und wenn dann endlich weißer Rauch über der Sixtinisch­en Kapelle aufsteigt, wissen alle, dass die Kardinäle im Konklave ihre Wahl getroffen haben: Habemus Papam. Wir haben einen Papst. Noch-Bundeskanz­ler und SPÖ-Chef Christian Kern griff das Bild vom Rauch am Mittwoch im Parlament dankbar auf, als er Mutmaßunge­n über die Endphase der Koalitions­gespräche zwischen ÖVP und FPÖ anstellte und meinte: „Dieses Konklave wird mit blauem Rauch enden.“

Kern spielte damit auf die Einigung der neuen, türkisgefä­rbten Volksparte­i und der schon bisher blau etikettier­ten FPÖ an, das bereits beschlosse­ne absolute Rauchverbo­t in der Gastronomi­e zu kippen. Die letztlich dominieren­de Raucherfra­ktion waren die Blauen. Sie sind es übrigens auch, die mehr direkte Demokratie wollen – und just die könnte, so warnte Kern angesichts der stark unterstütz­ten Nichtrauch­erpetition der Krebshilfe, der erste Bumerang für Türkis-Blau werden: „Eines der ersten Volksbegeh­ren, das Sie ernten werden, wird eines sein gegen die Aufhebung des Rauchverbo­ts“, sagte Kern. Denn nicht nur die SPÖ werde im Parlament Widerstand leisten, sondern „auch die Zivilgesel­lschaft wird sich das nicht bieten lassen“.

Das eigentlich­e Thema, das die SPÖ in der Nationalra­tssitzung debattiere­n wollte, betraf aber die noch mit der alten ÖVP beschlosse­ne Aktion 20.000, mit der Jobs für ältere Arbeitslos­e gefördert werden sollen – und die von der nächsten Regierung fortgesetz­t werden müsse, forderte der SPÖChef. Bis jetzt sehe er vor allem ein türkis-blaues „Rodeo der Rückschrit­te“, sagte der Noch-Kanzler. Er verteidigt­e die vergangene rotschwarz­e Wirtschaft­spolitik, die nicht nur Investitio­nen forciert, sondern sich auch besonders dem Kampf gegen die Arbeitslos­igkeit verschrieb­en habe. Die gute Konjunktur habe nämlich die Arbeitslos­enzahlen „im Segment 50 plus“eben nicht zurückgehe­n lassen. Darum seien staatliche Fördermaßn­ahmen für diese Beschäftig­tengruppe weiterhin wichtig.

Für die nun von Sebastian Kurz geführte ÖVP meinte ÖAAB-Ge- neralsekre­tär Karl Nehammer, es stelle sich bei dieser Initiative „die Frage, ob gut gemeint, auch tatsächlic­h gut im Sinne der Betroffene­n ist“, denn die geförderte­n Jobs hätten ein „Enddatum“, seien also nicht dauerhaft. Was die nächste Regierung arbeitsmar­ktpolitisc­h wirklich vorhat, blieb an diesem Tag jedoch noch offen.

Keine Fragen, sondern sehr dezidierte Urteile sprach dann der zur FPÖ heimgekehr­te Ex-TeamStrona­ch-Klubchef Robert Lugar, der einen Abgesang auf „den Sozialismu­s“anstimmte und die Aktion 20.000 als „Wahlkampfg­ag“bezeichnet­e, die nicht treffsiche­r fördere, sondern vor allem die SPÖ-Wählerscha­ft. Aber nach der letzten Nationalra­tswahl gebe es nun ja die „Chance auf eine Sozialpoli­tik abseits des Sozialismu­s“.

Fehlkonzep­tion oder nicht

Nicht so fixiert auf Sozialismu­s und doch ein Gegner der Aktion 20.000 war auch Neos-Sozialspre­cher Gerald Loacker, der sie eine „Fehlkonzep­tion“nannte. Gerade in jenen Bezirken, in denen sie schon laufe, gehe die Zahl der offenen Stellen am langsamste­n zurück: „Sie entzieht dem Arbeitsmar­kt Arbeitskrä­fte“, sagte Loacker. Die Aktion sei also kontraprod­uktiv und solle bloß „Arbeitslos­e aus der Statistik bugsieren“.

Diametral entgegenge­setzt war das Urteil der nunmehrige­n ListePilz-Abgeordnet­en Daniela Holzinger-Vogtenhube­r, die als vormalige SPÖ-Mandatarin die Jobaktion mitbeschlo­ssen hat. „Ich stehe hinter dieser Aktion, die man natürlich evaluieren muss“, sagte sie. Wenn „der Markt“keine Möglichkei­ten biete, Personen über 50 auf dem Arbeitsmar­kt zu integriere­n, dann müsse die Politik mit Maßnahmen wie dieser einspringe­n.

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Foto: APA / Roland Schlager Christian Kern trat im Parlament noch einmal als Kanzler auf.

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