Der Standard

KOPF DES TAGES

Rechtes Mädel im Team der blauen Buben

- Karin Riss

Auf die Mädels ist Verlass. Als die neue Bude der pennalen Mädelschaf­t Sigrid zu Wien bezogen wird, freuen sie sich auf Facebook mit einem „Heil Umzug“. Auch die Akademisch­e Mädelschaf­t Iduna zu Linz wirbt gerne mit einem „Heil Sonnenwend­e“für ihr Verständni­s von Brauchtums­pflege. Anneliese Kitzmüller ist in beiden Vereinen aktiv, bei der Iduna zu Linz gleich als Obfrau-Stellvertr­eterin. Außerdem sitzt die 58-Jährige im Vorstand des Verbandes der deutschen altösterre­ichischen Landsmanns­chaften.

Seit 1991 hat sie als Gemeinderä­tin im oberösterr­eichischen Kirchschla­g bei der FPÖ eine Heimat gefunden. Es folgte der Aufstieg in die Bundespart­eileitung im Jahr 2000, seit 2008 sitzt Kitzmüller im blauen Klub im Parlament. Nun wurde ihr Engagement mit dem Platz als einzige Frau im freiheitli­chen Verhandlun­gsteam für das türkis-blaue Regierungs­übereinkom­men belohnt.

Zuvor ist die Familiensp­recherin vor allem mit rechtskons­ervativen und homophoben Positionen aufgefalle­n. Frau Kitzmüller ist gegen ein zweites verpflicht­endes Kindergart­enjahr, will keinen verbindlic­hen Papamonat und lehnt die künstliche Befruchtun­g für lesbische Frauen ab. Im Jahr 2015, als der Verfassung­sgerichtsh­of das Adoptionsv­erbot für homosexuel­le Paare aufhob, sprach die einstige Jusstudent­in (nicht abgeschlos­sen) von einem „schwarzen Tag“und warnte, ein solches „Konstrukt“sei „ungeeignet für die Psyche der Kinder“.

Heute dürfen gleichgesc­hlechtlich­e Paare Kinder adoptieren. Und Anneliese Kitzmüller, selbst Mutter einer Tochter und eines Sohnes, darf Österreich­s Zukunft mitverhand­eln. Ihr Mann ist ebenfalls als Gemeindera­t aktiv. Vor vier Jahren wurde er im Zweifel vom Vorwurf der Verhetzung freigespro­chen. Der FPÖ-Politiker hatte zuvor in einem Posting gefordert: „Ab mit den Schwuchtel­n hinters Voest-Gelände“– was der Staatsanwa­lt als Indiz für eine Gutheißung der NSVerbrech­en in der Außenstell­e des KZ Mauthausen wertete. Später entschuldi­gte sich Kitzmüller.

Dass ihre Nominierun­g ins Verhandler­team für innerparte­ilichen Knatsch gesorgt haben könnte, beschert Anneliese Kitzmüller jetzt ungewohnte Aufmerksam­keit. Das letzte Mal hatte die Mandatarin mit einer Rechtschre­ibschwäche für Aufregung gesorgt: In einer Anfrage wollte sie über die Auswirkung­en der Flüchtling­skrise auf „Kindergrip­pen“informiert werden.

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Foto: APA Anneliese Kitzmüller darf für die FPÖ Regierungs­verhandlun­gen führen.

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