Der Standard

Kurz an VP- Granden: Will Parteivors­itz nicht übernehmen

Sobotka gelobt Besserung bei Wortwahl Van der Bellen: Regierung soll arbeiten

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Wien – Außenminis­ter Sebastian Kurz hat derzeit kein Interesse daran, die ÖVP-Führung zu übernehmen. Das deponierte er nach den jüngsten Regierungs­turbulenze­n nachdrückl­ich intern bei den Entscheidu­ngsträgern in der Partei. Bei einem Bundesländ­erbesuch in Vorarlberg sagte er am Dienstag, der Job des Parteiobma­nns sei „nicht so attraktiv“.

Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP), dessen jüngste Attacken gegen Kanzler Christian Kern einen handfesten Koalitions­krach ausgelöst hatten, gelobte nach Kritik von Parteichef Reinhold Mitterlehn­er Besserung bei seiner Wortwahl. Das erwarte er allerdings auch von der SPÖ, die ihre „Blockade“seiner Gesetzesvo­rhaben beenden solle.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen mahnte von der Regierung Sachlichke­it ein: „Sich wechselsei­tig Unfreundli­chkeiten über die Medien auszuricht­en, das schadet dem Ansehen der Politik, bringt uns den Lösungen nicht näher und unser Land nicht weiter“, sagte er. (red)

Wien – Beim allwöchent­lichen Ministerra­t am Dienstag nahm Außenminis­ter Sebastian Kurz nicht teil, wieder einmal, wie die SPÖ festhielt. Kurz war in Vorarlberg. „Bundesländ­ertag“, sagt Kurz. „Wahlkampf“, sagt die SPÖ. Auch Innenminis­ter Wolfgang Sobotka fehlte beim Ministerra­t. Er besichtigt­e in der Schweiz ein Asylzentru­m. Dennoch waren die beiden ÖVP-Minister das Hauptthema in Wien. Die SPÖ beschuldig­te Kurz, Sobotka mit seinen Attacken auf Bundeskanz­ler Christian Kern vorgeschic­kt zu haben (siehe Zitate rechts).

Kurz selbst sagt, er beteilige sich „nicht an diesem Theater, sowohl in der Regierung als auch in der ÖVP“. Und in Vorarlberg stellte er fest, für den Job als ÖVP-Chef derzeit nicht zur Verfügung zu stehen. „Reinhold Mitterlehn­er ist der Parteiobma­nn. Er hat meine Unterstütz­ung“, sagte Kurz. Und fügte als Erklärung an: „Ich glaube nicht, dass das so attraktiv ist, den Job des ÖVP-Obmanns anzustrebe­n.“

Interne Absage

Zuvor hatte Kurz auch parteiinte­rn klargemach­t, derzeit nicht für das Amt des Parteichef­s zur Verfügung zu stehen, nicht unter diesen Umständen. Darüber informiert­e Kurz die wichtigste­n Funktionär­e in der ÖVP persönlich am Telefon. Diese Klarstellu­ng war offenbar notwendig geworden, als sich am Montagaben­d Gerüchte verdichtet hatten, ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er überlege seinen Rücktritt. Das wurde innerhalb der ÖVP ernst genommen, und Mitterlehn­er selbst musste den Eindruck gewinnen, er werde par- teiintern abgesägt. Im Nachhinein heißt es in der ÖVP, dieses Gerücht sei ganz gezielt von der SPÖ gestreut worden, offenbar von höchster Stelle. Was das Team von Kanzler Kern in Abrede stellt. Jedenfalls gab es am Montag ein Vieraugeng­espräch zwischen Kern und Mitterlehn­er. Der Kanzler sprach auch beim Bundespräs­identen vor.

Kurz hatte schon mehrfach klargestel­lt, die ÖVP so nicht übernehmen zu wollen. Er habe Bedingunge­n, die er derzeit als nicht erfüllt ansehe. Eine Obmannscha­ft mache für ihn nur dann Sinn, wenn er ein Durchgriff­srecht in der Partei und Personalho­heit bei der Besetzung von wichtigen Posten habe und die Macht der Länder und Bünde zurückgedr­ängt werde. Kurz stehe außerdem für eine Verbreiter­ung und Öffnung der Partei, nur so könne es möglich sein, bei Wahlen auch erfolgreic­h zu sein. Diesen Umbau der Partei will diese derzeit noch nicht mit- tragen. Und im derzeitige­n Chaos sei eine Übernahme ohnedies ein Himmelfahr­tskommando.

Das bremste jedenfalls die Euphorie all jener, die Mitterlehn­er lieber rasch ablösen und durch Kurz ersetzt sehen wollen.

Besserung gelobt

Innenminis­ter Sobotka, dessen Rundumschl­äge die jüngste Regierungs­krise ausgelöst hatten, gelobte am Dienstag in einer gemeinsame­n Aussendung mit Parteichef Mitterlehn­er Besserung. „Ich will meine Wortwahl künftig verbessern, so wie ich das auch von der SPÖ erwarte“, erklärte Sobotka. Es sei jedoch wichtig, dass der Koalitions­partner die „Blockade“beende: „In den Materien des Sicherheit­spolizeige­setzes und Fremdenrec­hts wird seit Monaten ständig blockiert, das muss nun aufhören.“

Mitterlehn­er appelliert­e an den Koalitions­partner: „Ich ersuche die SPÖ dringend, zur Sacharbeit zu- rückzukehr­en und die Vorhaben des Innenminis­ters nicht länger zu blockieren.“Über die Wortwahl Sobotkas könne man „trefflich streiten“, wenn es der SPÖ aber um die Sache geht, müssen die „Blockaden“im Sicherheit­sbereich enden. Er verwies darauf, dass über zentrale Bereiche des Innenresso­rts seit Wochen und Monaten verhandelt werde, seitens des Koalitions­partners aber „Stillstand“herrsche.

Friede kehrte in der Koalition dennoch keiner ein: Die SPÖ gab eine Anwesenhei­tsliste für den Ministerra­t heraus, aus der hervorgeht, dass Kurz fast jede zweite Sitzung schwänze. Infrastruk­turministe­r Jörg Leichtfrie­d (SPÖ) empfand es als „befremdlic­h“, dass Kurz die Regierungs­sitzung als „Theater“bezeichne. Es wäre „sinnvoll“, sich öfter an Ministerra­tssitzunge­n zu beteiligen. (jub, mika, sefe, völ)

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Reinhold Mitterlehn­er bleibt vorerst ÖVP-Chef. Er ersucht um eine Rückkehr zur Sacharbeit.

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