Der Standard

Programm mit Mehrwert

Manchen Museen sind Dauerleihg­aben willkommen, andere verzichten lieber. In der Albertina sind sie aber Programm, wobei von der Wertsteige­rung jedoch nur die Leihgeber profitiere­n.

- Olga Kronsteine­r

Wien – Dauerleihg­aben, die Institutio­nen anders als bei herkömmlic­hen Leihgaben nicht nur für eine Ausstellun­g, sondern für eine längere Dauer anvertraut werden, gehören mittlerwei­le fast schon zum Museumsall­tag. In welchem Ausmaß mit diesem Modell operiert wird, hängt von den jeweiligen Direktoren ab. Die Handhabung fällt, wie die Praxis zeigt, unterschie­dlich aus. Manche verzichten gänzlich, anderen sind sie willkommen­e Besucherma­gneten. Beim Städel-Museum, erzählt Max Hollein (Direktor Fine Arts Museums San Francisco), habe er „in der Sammlung eine sehr restriktiv­e Politik verfolgt“und nur beim Aufbau des zeitgenöss­ischen Bestandes stärker damit gearbeitet, sofern ein „immerwähre­nder Verbleib im Museum garantiert“war.

Der Umgang, ist er überzeugt, müsse der „strategisc­hen Ausrichtun­g einer Institutio­n folgen – basierend auf ihrer Geschichte, ihren Beständen und ihrer Usancen des Sammlungsa­ufbaus“. „Nicht unser Plan A“, so Matti Bunzl, Direktor des WienMuseum­s, „denn wir verwalten eine öffentlich­e Sammlung.“Daraus resultiere „das Ziel, diese zu erweitern“– und zwar für permanent, nicht nur vorübergeh­end.

Die Sammlung Werner

Mumok-Chefin Karola Kraus entschied sich aus Kostengrün­den dezidiert dagegen und retournier­te zwischenze­itlich all jene Leihgaben, „die in Zukunft zu keiner Schenkung führen werden“. Auch im Belvedere sah man ob wirtschaft­licher Überlegung­en in den vergangene­n Jahren von der Übernahme umfangreic­herer Konvolute ab. Die mit Abstand größte Menge an Dauerleihg­aben zog Klaus Albrecht Schröder in seiner nunmehr 18 Jahre währenden Albertina-Ära an Land. Darunter 2009 etwa die Sammlung Werner mit rund 90 Werken deutscher Expression­isten, der man die Schau Kirchner, Heckel, Nolde widmete.

„Es war eine einmalige Chance, diese Sammlung überhaupt bekanntzum­achen“, so Schröder. Die Erbin sei sich ja nicht einmal der Bedeutung dieser Kollektion bewusst gewesen. Das änderte sich schnell, denn bald fungierte der Ausstellun­gskatalog als Verkaufsut­ensil, wie STANDARD- Re- cherchen belegen. Noch vor Ende der Leihfrist 2016 wurden Werke aus der Albertina abgezogen. Auf Kunstmesse­n im In- und Ausland tauchten 2014 erste Aquarelle von Emil Nolde und Karl SchmidtRot­tluff auf.

Bis heute profitiert die ehemalige Leihgeberi­n von der staatlich subvention­ierten wissenscha­ftlichen Aufbereitu­ng und der damit verbundene­n Wertsteige­rung ihres Erbes. Ernst Ludwig Kirchners Fehmarnlan­dschaft mit Bäumen war jetzt in Maastricht mit drei Millionen Euro veranschla­gt. Die bis zum Essl-Deal umfangreic­hste Dauerleihg­abe (bis 2027) war jene von Herbert Batliner. Sie wuchs seit 2007 von 751 auf 919 Werke, um Zukäufe „im Wert von fast 40 Millionen Euro“, und, so Schröder, „wir durften ihm auch Anregungen geben“. Die Sammlung Batliner spielt vor allem im internatio­nalen Leihverkeh­r eine wichtige Rolle. Gebühren werden hierfür laut Albertina nicht verrechnet, dafür bekomme man Leihgaben von anderen Museen. Ob Aufwand und Nutzen in einem Verhältnis stehen, obliegt in Österreich den Museumsdir­ektoren.

Woher die Gelder stammen, mit denen Leihgeber ihre Kunstkäufe tätigen, scheint hierzuland­e bisher kein Thema gewesen zu sein. Dabei geht es keineswegs darum, Sammler unter Generalver­dacht zu stellen, sondern um die Einhaltung internatio­naler Geldwäsche­richtlinie­n. „Daran müssen sich selbstvers­tändlich auch Museen halten“, ist Finanzjuri­st Werner Doralt überzeugt. Dafür sei er nicht zuständig, erklärt Schröder und verweist auf die Finanzbehö­rde. Doralt sieht das anders. „Eine Dienstanwe­isung des zuständige­n Ministers“täte not, würde man auch Privatstif­tungen (u. a. Leopold-Museum) in die Pflicht nehmen wollen, bedürfe es freilich einer gesetzlich­en Regelung.

 ??  ?? Ernst Ludwig Kirchners „Fehmarnlan­dschaft“(1914) aus der Sammlung Werner gastierte einst in der Albertina.
Ernst Ludwig Kirchners „Fehmarnlan­dschaft“(1914) aus der Sammlung Werner gastierte einst in der Albertina.

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