Pfeile aus Rom für Privatisierungen
Käufer für Post und Superschnellzug Le Frecce gesucht
Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan hat es auf einmal eilig, die Schulden abzubauen und das Haushaltsdefizit zu senken. Grund für den neuen Eifer bei der Sanierung der öffentlichen Finanzen sind Sorgen, dass Italien im Rahmen des Europas „der zwei oder mehr Geschwindigkeiten“nicht in der ersten Runde mithalten kann.
Und das lässt die übergroße Verschuldung des EU-Gründungsmitgliedslands vermuten: Das Haushaltsdefizit macht laut Regierungsberechnung heuer 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus statt der vereinbarten 2,1 Prozent.
Nun wurden nicht nur konkrete Maßnahmen zum Defizitabbau angekündigt, sondern auch ein neuer, überarbeiteter Privatisierungsplan in Aussicht gestellt. Damit sollen die seit 2008 wachsenden beziehungsweise stagnierenden Staatsschulden von 133 Prozent auf 132,5 Prozent erstmals abgebaut werden.
Pläne wie diese gab es allerdings bereits vor mehr als einem Jahr. 2016 hielt sich das italienische Finanzministerium mit seiner Privatisierungspolitik allerdings zurück. Nur 2,4 Milliarden Euro statt der angepeilten fünf Miliaren wurden erlöst. Nun nimmt man einen neuen Anlauf, die Entstaatlichungen sollen in diesem Jahr Fahrt aufnehmen.
Die Ursachen für den Flop sucht man natürlich nicht in den eigenen Reihen. Er wird vielmehr auf die schwache Verfassung des Mailänder Finanzmarktes zurückgeführt. Zwei große Projekte stehen mit erwarteten Privatisierungserlösen von 3,5 Milliarden Euro im Zentrum. Bereits bis Jahresmit- te sollen weitere 30 Prozent Anteile des teilstaatlichen Postkonzerns an die Börse gebracht werden. 35 Prozent der Poste Italiane wurden 2015 verkauft, der Erlös betrug 3,1 Milliarden Euro. Weitere 35 Prozent wurden im Vorjahr an die halbstaatliche Cassa Depositi e Prestiti abgegeben.
Für potenzielle Post-Käufer scheint der Zeitpunkt nicht schlecht. Die Aktien von Poste Italiane notieren derzeit mit sechs Euro unter dem Emissionswert von 6,75 Euro des Jahres 2015. Die Marktkapitalisierung beläuft sich damit auf 7,8 Milliarden Euro. Die zweite Tranche an Aktien würde aktuell rund 2,4 Milliarden Euro wert sein. Poste Italiane ist derzeit dabei, eine Asset-ManagementGruppe mit der Beteiligungsaufstockung beim Vermögensverwalter Anima aufzubauen und sich im Zahlungsabwicklungsgeschäft mit der Beteiligung an Sia zu engagieren.
Bei den Staatsbahnen FS steht eine Teilprivatisierung der Superschnellverbindungen Le Frecce (Die Pfeile) an, eine Tochter der Personenverkehrssparte Trenitalia. Der Wert der Sparte wird auf insgesamt drei Milliarden Euro geschätzt, rund 30 Prozent des Kapitals sollen verkauft werden. Der Privatisierungserlös wird auf eine Milliarde geschätzt. Le Frecce ist der einzige Gewinnbringer von FS, hier fanden auch die wichtigsten Investitionen statt. Dabei wurden freilich die Gütersparte und der lokale Passagierverkehr vernachlässigt. Weitere Einnahmen bis zu 1,5 Mrd. Euro sollen durch den Verkauf von Staatsimmobilien erzielt werden. Mailänder Finanzkreise sind skeptisch, ob die angepeilten Privatisierungserlöse von sieben Mrd. Euro tatsächlich kassiert werden können.