„Wir haben keine Demokratie“
Straßenbefragungen sind eine schöne Wahlkampfergänzung. Dauert das Casting um den Hofburgthron (dessen Inhaber mindestens die Teilung der Meere beherrschen müssen wird) auch recht lange, bringen sie doch neue Erkenntnisse – auch für Wahlkämpfer. Etwa: „Wir haben keine Demokratie! Russland hat eine bessere Demokratie!“
Schwer zu sagen, ob FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl und Van der Bellens Wahlkampfmanager Lothar Lockl die befragte Zorndame davon abhalten können, am Sonntag Wladimir Putin in die Hofburg zu wählen. Versuchen werden sie es, jede Stimme zählt; im ORF- Report wirkt ihr Disput gar nicht ermattet.
Alles wurde zwar schon von jedem tausendfach gesagt. Aber wie soll bitte Schweigen einkehren, wenn die Van-der-Bellen-Fraktion die Worte von Frau Gertrude ins Netz stellt? In einem Video klagt die Holo- caustüberlebende, die FPÖ-Rhetorik würde sie an die üblen 1930er und 1940er erinnern.
Das zu veröffentlichen, Herr Lockl, war verantwortungslos, sagt Herr Kickl, erinnert Herrn Lockl daran, dass damals ja „Weltkrieg und Massenmord“passierten. Herr Lockl wiederum erinnert Herrn Kickl daran, dass die FPÖ „Van der Bellen als Faschisten diffamiert hat“. Auch wäre es doch Herr Strache gewesen, der „vor drohenden Bürgerkriegszuständen“gesprochen habe.
Moderatorin Susanne Schnabl sucht hier die Gesprächskontrolle zu behalten. Ist nicht leicht. Herrn Lockl gelingt es, an FPÖ-Anträge zum Austritt aus der EU zu erinnern, was Herrn Kickl noch mehr ärgert. Immerhin sagt Herr Kickl dann, es würde keine Wahlanfechtung geben, worauf sich wohl landesweit Familien vor dem TV-Gerät zu Dankesgebeten auf den Boden warfen. pderStandard. at/TV-Tagebuch