Strobls Baustellen
Der neue Chef von RZB/RBI muss mit Abverkäufen und Einsparungen Erträge und Kapitalquote verbessern. Mittelfristig könnte auch eine Bereinigung des unter Mehrgleisigkeiten leidenden Sektors (wieder) auf den Tisch kommen.
Wien – Im kapitalschwachen Raiffeisen-Bankensektor wird eine Weiche nach der anderen gestellt. Nach dem Grundsatzbeschluss zur Fusion von Raiffeisen Zentralbank (RZB) und Raiffeisen Bank International (RBI) wurde nun der schon länger als Favorit gehandelte Johann Strobl als neuer Chef des zusammengelegten Instituts offiziell bestätigt. Der bisherige Vizegeneraldirektor und Risikovorstand der RBI wird Karl Sevelda (RBI-Chef) und Walter Rothensteiner (RZB-Chef) beerben.
Die RZB-Vorstände Johannes Schuster und Michael Höllerer gehören dem Vorstand der Fusionsbank nicht mehr an. Dieser besteht künftig neben Strobl aus Klemens Breuer (stellvertretender Vorstandsvorsitzender), Finanzchef Martin Grüll, Andreas Gschwenter, Peter Lennkh sowie Hannes Mösenbacher, der bisher kein Mitglied des Vorstands war. Strobl wurde zum logischen Favoriten der Raiffeisen-Bankenspitze, nachdem Heinrich Schaller, der die Landesbank Oberösterreich führt, für den Posten abgesagt hatte. Der 57-Jährige wird sich gleich um mehrere Baustellen kümmern müssen.
Kapitalschwäche RZB und RBI gemeinsam haben beim letzten Bankenstresstest überaus schlecht abgeschnitten und landeten von 51 analysierten Instituten auf dem vorletzten Platz. Durch die Fusion wird die Kapitalbasis verbessert – rein buchhalterisch, denn Geld fließt keines. Ziel ist die Anhebung der harten Kernkapitalquote auf zwölf Prozent der risikogewichteten Aktiva.
Abverkauf Wegen der Ertragsund Kapitalschwäche befindet sich die Gruppe auf Restrukturierungskurs. Verkauft wurden die Aktivitäten in Slowenien, zahlreiche Beteiligungen. Der Verkauf der Polbank, der auch für die Bewertung der RBI maßgeblich ist, steht angeblich kurz bevor. Die polnische Alior Bank, die vom staatlichen Versicherer PZU kontrolliert wird, hatte im September exklusive Verhandlungen über den Kauf der RBI-Tochter bestätigt. Das Angebot passt zu den Plänen der polnischen Regierung, künftig mehr Einfluss im Bankensektor des Landes zu haben.
Mehrfachstrukturen Der Raiffeisen-Sektor kämpft mit Doppelgleisigkeiten. Acht Landesbanken befinden sich im Besitz von 483 selbstständigen, lokal tätigen Raiffeisenbanken. Die Landesbanken sind zu rund 90 Prozent die Eigentümer des Spitzeninstituts RZB. Die RZB wiederum hält 60,7 Prozent an der RBI. In Deutschland ist der einst extrem komplexe genossenschaftliche Finanzsektor umfassend bereinigt worden. Im Zuge der jetzigen Fusion gab es auch die Variante, zumindest die Landesbank Niederösterreich-Wien mit RBI/RZB zusammenzulegen, allerdings hätten deren Eigentümer Kapital nachschießen müssen. Gut möglich, dass das Thema noch einmal auf Strobl’s Tisch landet.
Zustimmung Umorganisationen bei Raiffeisen haben fast schon Tradition. 2010 wurde das Firmenkundengeschäft der RZB mit der damaligen Raiffeisen International fusioniert, die dann in RBI umbenannt wurde. Aus Sicht vieler Anleger wurde die RBI damals zu gering bewertet – diese Befürchtung gibt es diesmal auch. Für die Fusion benötigt Strobl eine Dreiviertelmehrheit in den Hauptversammlungen beider RaiffeisenBanken. (as) Kopf des Tages S. 32