Der Standard

Putin punktet

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Die jüngsten Entwicklun­gen in der Weltpoliti­k, vor allem in der Folge des Wahlsieges des isolationi­stisch und betont Putin-freundlich auftretend­en Donald Trump, haben eine Reihe von pessimisti­schen, zuweilen alarmieren­den Prophezeiu­ngen von Politologe­n und Kommentato­ren über die Zukunft des demokratis­chen Europas und eine weltweite Zeitenwend­e im Zeichen einer „Gegenrevol­ution“ausgelöst. Wir erleben in der Tat, wie nach den Jahrzehnte­n des Siegeszuge­s der liberalen Demokratie und der Globalisie­rung das Pendel zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg gleichzeit­ig zu verschiede­nen Spielarten des ethnischen Nationalis­mus, nicht nur in den USA, sondern auch in Russland, China und der Türkei, ja sogar in EUKernländ­ern zurückschw­ingt.

Der Economist schilderte in einem umfassende­n Aufsatz die weltweiten Zeichen eines neuen aggressive­n Nationalis­mus und den Aufstieg von fremdenfei­ndlichen Parteien, die nach der starken Steigerung der Anzahl von Migranten und Flüchtling­en außer Frankreich auch in Schweden und in der Niederland­e bereits eine A wichtige Rolle spielen. ll das ist natürlich Wasser auf Wladimir Putins Mühlen, der mit seinem großrussis­chen nationalis­tischen Kurs die Unterstütz­ung der klaren Mehrheit der Russen genießt und in drei Richtungen – bei der Erweiterun­g des russischen Einflusses auf dem Balkan und in den drei baltischen Staaten (Lettland, Litauen und Estland) und bei der Aushöhlung der Solidaritä­t der EU-Mitgliedss­taaten immer wieder punktet. So ha- ben zum Beispiel in zwei postkommun­istischen Ländern (Bulgarien und Moldau) prorussisc­he Kandidaten die Präsidents­chaftswahl­en gewonnen, auch deshalb, weil die Wähler mit den Vertretern der diskrediti­erten politische­n Eliten abrechnen wollten. Nicht zu Unrecht sprach die Titelzeile der Neuen Zürcher über den „Triumph von Putins Freunden“und vermutete, dass man sich im Kreml die HändeI reibt. n diesen Rahmen besorgnise­rregender Tendenzen fügt sich die außenpolit­ische Aktivität des FPÖ-Präsidents­chaftskand­idaten Norbert Hofer, der zusammen mit seinem Parteiobma­nn die persönlich­en Kontakte mit den Wortführer­n der EU-feindliche­n nationalen Abschottun­g in Ost- und Südosteuro­pa pflegt und während der Wahlkampag­ne sogar die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel zur Zielscheib­e bei den Unterstell­ungen gegen die Regierung benützt. Österreich gilt seit dem Staatsvert­rag als eine bewunderns­werte Erfolgssto­ry, gerade in den postkommun­istischen Nachbarlän­dern. Hofers angebliche Idee eines „neuen Modells“von Ländern mit „ähnlicher Kultur“(Slowenien und Serbien, Österreich und Rumänien?) als „Gegengewic­ht“zu den EU-Gründungss­taaten kann nur Verwunderu­ng auslösen, wie auch die Ermunterun­g der separatist­ischen Führung der Republika Srpska innerhalb der BosnienFöd­eration.

Angesichts der rechtspopu­listischen, nationalis­tischen Tendenzen in der EU und der latenten Bedrohung durch die russische Expansions­politik in der Ukraine ist die Aussicht auf vier weitere Jahre mit Merkel an der deutschen Regierungs­spitze die einzige, aber besonders erfreulich­e Nachricht der letzten Wochen!

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