Der Standard

Noch ein reglementi­ertes Gewerbe

Anstatt Halbierung liegt Ausdehnung der geschützte­n Berufe auf dem Verhandlun­gstisch

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Wien – Die Liberalisi­erung der Gewerbeord­nung, die am Mittwoch im Ministerra­t beschlosse­n werden soll, gestaltet sich weit schwierige­r als gedacht. Vor allem bei der Lockerung der reglementi­erten Berufe liegen die koalitionä­ren Verhandler so weit auseinande­r, dass ein roter Spitzenpol­itiker am Sonntag sogar von einem möglichen Scheitern der Reform sprach.

Was die SPÖ besonders erzürnt: Anstatt der von der Partei geforderte­n Halbierung der reglementi­erten Gewerbe will die ÖVP eine Anhebung. Laut jüngstem Ent- wurf soll „Huf- und Klauenbesc­hlag als eigenständ­iges reglementi­ertes Gewerbe aufgenomme­n werden“, heißt es in dem Papier, das dem Standardvo­rliegt. Womit die Zahl der geschützte­n Berufe auf 81 steigen würde. Allerdings sei damit keine Verschärfu­ng des Berufsantr­itts verbunden, heißt es von ÖVP-Seite.

Auch in anderen Fragen bleibt der Entwurf weit hinter den Ansagen der Regierung zurück, was auf heftiges Lobbying der Wirtschaft­skammer zurückgefü­hrt wird. Konkret findet sich der Vorschlag, wonach für alle freien Gewerbe ein Gewerbesch­ein ausreichen­d sein sollte, nicht im Vorschlag des Wirtschaft­sministeri­ums. Hintergrun­d: Die Wirtschaft­skammer kassiert für jeden Gewerbesch­ein die Grundumlag­e, eine Änderung würde somit bei der Interessen­vertretung ins Geld gehen.

Eine zarte Lockerung gibt es bei den Nebenrecht­en. Hier gab es bisher schon die Möglichkei­t, Arbeiten auszuführe­n, die in ein anderes Gewerbe fallen. Ein Beispiel: Pflasterar­beiten, die im Rahmen eines Bauauftrag­s anfallen. Nun wird hier eine konkrete Schwelle genannt. Die Nebenrecht­e dürfen maximal 15 Prozent der gesamten Tätigkeite­n ausmachen.

Freigegebe­n werden sollen lediglich 19 Teilgewerb­e (ebenfalls reglementi­ert, aber erleichter­ter Zugang) wie Änderungss­chneider, Wäschebügl­er oder Friedhofsg­ärtner. Am weitesten gehen in dem Entwurf noch die Vereinfach­ungen im Betriebsan­lagenrecht. Bautechnis­che oder naturschut­zrechtlich­e Aspekte sollen im Anlagenver­fahren konzentrie­rt werden. Da es sich dabei nicht um Bundesmate­rie handelt, ist eine Verfassung­sbestimmun­g erforderli­ch. Zudem soll die Genehmigun­g von Betriebsan­lagen künftig nicht länger als vier Monate (bisher sechs Monate) dauern. (as)

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Mit dem Hufschmied (offiziell: Huf- und Klauenbesc­hlag) würde die Zahl der reglementi­erten Gewerbe auf 81 steigen.

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