Der Standard

„Das kleine Ich-bin-ich“auf der Opernbühne

Die Kinderoper „Das kleine Ich bin Ich“von Georg Friedrich Haas im Dschungel Wien

- Daniel Ender

Wien – Bevor sich die neue Ausgabe von Wien Modern ab kommendem Donnerstag, dem 3. November, den letzten Fragen widmet („Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Und wo zum Teufel sind wir hier überhaupt?“), gibt es im Dschungel Wien schon einen Vorspann für die jüngsten Festivalbe­sucher, bei dem die „erste“und doch folgenschw­ere identitäts­stiftende Frage „Wer bin ich?“für Kinder ab vier – und die, die es einmal waren – gestellt wird.

Alles klingt dabei nach einem märchenhaf­ten Projekt. Für seine „Vertonung des Bilderbuch­s“Das kleine Ich-bin-ich von Mira Lobe und Susi Weigel hat einer der prominente­sten österreich­ischen Komponiste­n, Georg Friedrich Haas, gewisserma­ßen ein Destillat seiner musikalisc­hen Mittel hergestell­t.

Er stellt seine ineinander verflochte­nen Endlosschl­eifen, die den unmögliche­n Grafiken von M. C. Escher ähneln, die magi- schen Obertonakk­orde und vielfältig­en instrument­alen Klangzaube­reien, die stets absolut plastisch, aber nie einfach nur „kindgerech­t“zurechtgeb­ogen wirken, in den Dienst der Geschichte jenes bunten Tieres, das da über die bunte Blumenwies­e spaziert und sich plötzlich die Frage stellt, wer es eigentlich ist.

„Wer nicht weiß, wie er heißt, wer vergisst, wer er ist, der ist dumm! Bumm.“Lustvoll ahmt das Ensemble den lautmaleri­schen Effekt nach – und es ist nicht irgendein Ensemble, sondern das beste; das Klangforum Wien unter dem Dirigenten Bas Wiegers, der das Stück wie alle Beteiligte­n gleich ernst nimmt wie jede Produktion für Erwachsene.

Hat das bunte Tier hier den Laubfrosch getroffen, wird es noch allerhand anderem Getier begegnen, das allesamt darauf beharren wird, dass es anders ist als die anderen. Die szenische Umsetzung von Michael und Nora Scheidl (Inszenieru­ng bzw. Ausstattun­g) nimmt ihren Ausgang im Bilderbuch, öffnet aber die Schleusen zu den Fantasiewe­lten der Bühne, die im Wesentlich­en Peter Gruber als Erzähler und Franziska Adensamer als das Ichbin-ich bevölkern.

Das bunte Tier ist in Gestalt der Puppe und in jener der Schauspiel­erin doppelt vorhanden. Und auch bei den anderen Wesen verfließen die Grenzen zwischen Darsteller­n und Puppen auf originelle Weise. Es hätte kaum ein besseres Sujet gefunden werden können als das kindliche Dramolett um das Finden der Identität, um Wien Modern in diesem Jahr einzuleite­n – aber auch um jene Kinder zu begrüßen, die noch nicht so lang in Österreich sind. Deswegen gibt es je eine Vorstellun­g auf Farsi und auf Persisch, die – teilweise dank gespendete­r Eintrittsk­arten – auch Flüchtling­skindern zur Verfügung stehen. 31. 10. (um 10.30, 14.00, 16.30); 1. 11. (um 10.30, 14.00, Vorstellun­g auf Persisch), 16.30), Dschungel Wien pwww. netzzeit.at

www.wienmodern.at

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Foto: Wagner-Strauss Komponist Georg Friedrich Haas schrieb eine Kinderoper, die von Netzzeit quasi als Präludium zum Festival Wien Modern gezeigt wird.

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