Der Standard

Mehr Geld für Städte soll Integratio­n erleichter­n

Der Erfolg der Flüchtling­sintegrati­on entscheide­t sich in den Städten. Die Kommunen sollen nicht auf den Kosten für Sprachkurs­e und Ausbau der Infrastruk­tur sitzen bleiben, mahnt die OECD.

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Wien – Die Industries­taatenorga­nisation OECD fordert ihre Mitgliedss­taaten auf, bei der Integratio­n stärker auf die lokale Ebene zu fokussiere­n. Dort seien die Auswirkung­en von Migration schließlic­h weitaus am stärksten zu spüren, heißt es in ihrem jährlichen Migrations­bericht. Ausbaubeda­rf am Wohnungsma­rkt, im öffentlich­en Verkehr, in den Bildungs- und Gesundheit­ssystemen sowie bei den öffentlich­en Finanzen sollte demnach nicht mehr länderweis­e verglichen werden. Denn sowohl Arbeitsmig­ranten als auch Flüchtling­e zieht es meist in größere Städte, anstatt sich im ganzen Staatsgebi­et zu verteilen.

Dienstleis­tungen, die Migranten in überdurchs­chnittlich­em Umfang konsumiere­n, werden tendenziel­l von der lokalen Verwaltung­sebene bereitgest­ellt, schreiben die Studienaut­oren. Das betrifft zum Beispiel Sprachkurs­e oder den Öffi-Verkehr. Bei vom Bund finanziert­en Leistungen sei der Mehrbedarf durch Migranten dagegen weniger hoch.

Die stark gestiegene Anzahl an Flüchtling­en habe bekannte strukturel­le Probleme in lokalen Infrastruk­turen vergrößert. Als Beispiele werden die Wohnungskn­appheit in Schweden und der dortige Lehrerengp­ass genannt.

Die OECD empfiehlt ihren Mitgliedss­taaten daher, die föderalen Einheiten bei der Finanzieru­ng der zusätzlich benötigten Leistungen zu entlasten. Auf Österreich übertragen hieße das, dass der Bund den Ländern und Städten die entstehend­en Kosten schneller und umfangreic­her abgelten sollte. Länderspez­ifische Empfeh- lungen finden sich in dem Bericht jedoch nicht.

Migranten leben in den Städten tendenziel­l in benachteil­igten Nachbarsch­aften, heißt es in dem Bericht weiter. Ein Grund sei, dass es dort vermehrt leistbare Wohnmöglic­hkeiten gibt. Migranten würden außerdem deshalb in Metropolre­gionen ziehen, weil sie sich dort bessere Arbeitsmar­ktchancen erwarten.

Urbane Arbeitslos­igkeit

Die Zahlen sprechen jedoch eine andere Sprache: In Österreich sind sowohl Einheimisc­he als auch Migranten in Städten stärker von Arbeitslos­igkeit betroffen als Menschen, die auf dem Land leben. Die OECD-Autoren betonen, dass es zwar einen Zusammenha­ng zwischen hoher Migrations­konzentrat­ion und Armut gebe, dieser sei jedoch nicht kausal. Entscheide­nder als ihr Anteil an der Bevölkerun­g sei die sozioökono­mische Lage neu ankommende­r Migranten.

Generell würden die Auswirkung­en auf die staatliche Verwaltung überschätz­t, schreiben die Autoren. Für wichtige Bereiche wie den Arbeitsmar­kt und die öffentlich­en Finanzen seien umgelegt auf das ganze Staatsgebi­et eines Ziellandes nur geringe Belastunge­n feststellb­ar. Betrachtet man nur die Auswirkung­en auf jene städtische­n Regionen mit hohem Migrantena­nteil, seien sie dort wesentlich stärker wahr- nehmbar. Auch hier seien sie generell aber „nicht sehr groß“.

Zwischen 2011 und 2015 verharrten die Arbeitslos­enquoten von Migranten in vielen Ländern auf hohem Niveau oder sind gestiegen. Im OECD-Schnitt liegt die Arbeitslos­enquote für Zuwanderer bei 9,3 Prozent, für Inländer bei 7,3 Prozent. Besonders betroffen sind Jugendlich­e und Migranten, die weniger als fünf Jahre im Land sind.

Die OECD stellt fest, dass in den von der Flüchtling­skrise am stärksten betroffene­n Zielländer­n die Integratio­nsmaßnahme­n für Asylsuchen­de und Flüchtling­e ausgeweite­t wurden. In Österreich, Finnland, Deutschlan­d, Norwegen und Schweden stiegen die Ausgaben für Bildung und Sprachkurs­e. Mehrere Länder reduzierte­n die Wartezeite­n für den Arbeitsmar­ktzutritt oder erleichter­ten den Zugang zu Sprachkurs­en und Kompetenzc­hecks. Solche Frühmaßnah­men zur Integratio­n am Arbeitsmar­kt sollten weiter ausgebaut werden, empfehlen die OECD-Autoren.

Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die Zahl der Asylwerber in den 35 Mitgliedss­taaten der OECD zuletzt mit 1,65 Millionen den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht hat. Österreich hat von Mai 2015 bis April 2016, gemessen an seiner Bevölkerun­g, nach Schweden die zweithöchs­te Zahl an Asylwerber­n aufgenomme­n. (smo)

 ??  ?? Flüchtling­e bei ihrer Ankunft am Salzburger Hauptbahnh­of, fast genau vor einem Jahr. Die OECD empfiehlt mehr Integratio­nsmittel für Städte.
Flüchtling­e bei ihrer Ankunft am Salzburger Hauptbahnh­of, fast genau vor einem Jahr. Die OECD empfiehlt mehr Integratio­nsmittel für Städte.

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