Der Standard

Bei Ikea war ich nur zum Köttbullar-Essen

Der Wiener Fotograf und Künstler Suchart Wannaset ist begeistert­er Flohmarktb­esucher. In seiner Wiener Altbauwohn­ung hat sich allerhand angesammel­t im Lauf der Zeit, die Trennung fällt ihm bei jedem Stück schwer.

- PROTOKOLL: Bernadette Redl

Ich liebe diese Wohnung, weil ich so viel Herzblut hineingest­eckt habe. Über die Jahre hat sich sehr viel angesammel­t. Vieles ist von meiner österreich­ischen Oma, manches von meinen Eltern, das meiste aber von verschiede­nen Flohmärkte­n. Auf Flohmärkte zu gehen ist mein Hobby. Samstags erreicht man mich meistens nicht, weil ich da fast immer auf dem Naschmarkt-Flohmarkt unterwegs bin.

Die meisten Menschen auf den Bildern in meiner Wohnung kenne ich nicht, denn das sind fast alles alte Fotografie­n vom Flohmarkt. Ich versuche aber immer herauszufi­nden, wer das ist – das ist auch Teil meiner künstleris­chen Arbeit. Auf meinem Hausaltar stehen Fotos meiner österreich­ischen und meiner thailändis­chen Oma und die Asche meiner thailändis­chen Oma in einer kleinen Urne. Manchmal lege ich Blumen auf den Altar, und einmal im Jahr mache ich eine Opfergaben­zeremonie, typisch thailändis­ch, mit Essensgabe­n und Räucherstä­bchen. Im asiatische­n Brauchtum ist es üblich, mindestens einmal im Jahr Essen hinzustell­en und der Toten zu gedenken.

Die Lieblingss­tücke in meiner Wohnung sind die Schneiderp­uppe meiner Oma – sie war gelernte Schneideri­n – und die Eislaufsch­uhe meines Vaters; der war früher profession­eller Eisschnell­läufer. Ich selbst kann leider nicht sehr gut eislaufen.

Besonders gerne mag ich auch meine Bücher. Meine Regale biegen sich schon durch, weil es so viele sind. Etwa 90 Prozent davon habe ich auch gelesen. Letzte Woche habe ich hier in der Wohnung mal wieder einen Flohmarkt gemacht, um einige meiner unzähligen Sachen loszuwerde­n. Trennen kann ich mich aber nur von kleinen Dingen.

Ich bin sehr begeistert von alten Möbeln, so würde ich meinen Einrichtun­gsstil beschreibe­n. Meine Biedermeie­rcouch ist von Willhaben und der Schrank vom Naschmarkt-Flohmarkt. Bei Ikea war ich zwar auch schon mal, aber nur zum Köttbullar-Essen. Die meisten anderen Möbel habe ich irgendwo gefunden. In Innenhö- fen oder auf der Straße lassen die Leute einfach ihre Möbel stehen. Wenn ich das sehe, kann ich nicht anders und nehme sie einfach mit. Auch auf dem Naschmarkt-Flohmarkt lassen die Verkäufer nach 17 Uhr ganz viele Dinge einfach liegen. Da sind oft sehr schöne Stücke dabei. Die Sachen richte ich dann noch her, male sie an oder verschöner­e sie irgendwie.

Als ich bei der Besichtigu­ng das erste Mal in der Wohnung war, habe ich mich gleich in sie verliebt, aber nicht wegen der Auftei- lung, sondern wegen der schönen Tapeten aus den 1970er-Jahren.

Neben alten Möbeln und den Flohmarktg­egenstände­n sammle ich auch alte Tonbänder und Kleidung. Alles, was ich heute trage, ist vom Flohmarkt. Außerdem gibt es dort auch ganz viele Raritäten wie beispielsw­eise diese Smokings aus den 1930er-Jahren, von denen einige in meinem Schrank hängen. Die meisten werde ich nie anziehen. Nur den weißen Smoking aus den 1920er-Jahren trage ich mal zu einer meiner Vernissage­n, das habe ich mir fest vorgenomme­n. Das wertvollst­e Kleidungss­tück, das ich besitze, ist ein Herrenmant­el aus dem Jahr 1895. Daneben hängen auch noch ein paar Kleidungss­tücke von meiner österreich­ischen Oma, die ich nicht wegschmeiß­en möchte. Ich selbst trage meist Knickerboc­kerhosen, davon habe ich Dutzende irgendwo in meinem Schrank verstaut.

Obwohl ich gerne hier lebe, würde ich manchmal gerne größer wohnen, dann wäre auch mehr Platz für meine ganzen Sachen. In einem Haus am Meer oder in den Bergen wäre ich nicht gut aufgehoben, ich brauche die Stadt. Es wäre allerdings perfekt, wenn diese Wohnung in New York liegen würde. Dort möchte ich gerne leben.

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Samstagnac­hmittag trifft man Suchart Wannaset meist auf dem Naschmarkt-Flohmarkt an. Wer die Menschen auf seinen Bildern sind, weiß er in den meisten Fällen nicht.
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