Der Standard

Das Zinshaus als Sammlerstü­ck

Niedrige Renditen und schlechte Objektqual­ität – der Zinshausma­rkt in Wien und Berlin steht vor Herausford­erungen. Experten sind dennoch uneinig, ob ein Ausstieg jetzt der richtige Weg für Investoren ist.

- Bernadette Redl

Besitzerst­olz ist das Stichwort. Bei allen Veränderun­gen, die der Zinshausma­rkt in den vergangene­n Jahren erlebt hat, hat sich vor allem die Beziehung der Investoren zu ihren Immobilien gewandelt. Das hat zur Folge, dass immer weniger gute Objekte auf den Markt kommen. „Wer ein schönes Haus besitzt, verkauft es nicht“, sagt Michael Schick, Investment­makler in Berlin.

Risikofreu­de steigt

Diesen Trend bestätigt auch Richard Buxbaum, Prokurist bei Otto Immobilien. „Investoren, die früher nur innerhalb des Gürtels gekauft haben, sehen sich jetzt auch in Transdanub­ien oder im 20. Bezirk um“, sagte Buxbaum auf der kürzlich von Fiabci veranstalt­eten Podiumsdis­kussion über die Zinshausmä­rkte Wien und Berlin.

Schick sieht darin eine Gefahr: „Die Qualität am Markt sinkt, und deshalb werden die Käufer immer risikofreu­diger.“Nach der großen Immobilien-Euphorie würden viele aufwachen, prophezeit Schick, und sich fragen, warum sie diese Lage- und Qualitätsk­ompromisse eingegange­n sind. Aufgrund der niedrigen Renditen empfiehlt er einen Ausstieg aus dem Markt. „Wer jetzt den Exit wagt und verkauft, kann noch Gewinne mitnehmen“, sagt Schick. Er selbst habe zuletzt einige seiner Zinshäuser verkauft.

Für ihn ist die zentrale Frage: „Wie machen wir ein Vermögen?“Und seine Antwort ist ganz klar: Verkaufen. Ganz anders sieht das hingegen Markus Arnold, Zinshausma­kler in Wien: „Die Leute wollen mit Zinshäuser­n nicht reich werden, sie wollen es bleiben.“Er selbst habe oft das Gefühl, als Kunsthändl­er und nicht als Immobilien­makler zu arbeiten: „Für die Investoren geht es um die Schönheit eines Hauses, den Blick aus dem Fenster.“In Zukunft sei nicht mehr die Höhe der Rendite entscheide­nd, sondern ob es überhaupt eine gibt. „Ich kenne keine bessere Alternativ­e, Geld anzulegen, als in Steinen, die seit 100 Jahren stehen. Eine Immobilien­Anlage ist für die meisten sicherer, als das Geld auf der Bank oder auf Aktienmärk­ten zu deponieren“, sagt Arnold. Auch Buxbaum sieht für Wien noch Regionen mit großem Potenzial, was Investitio­nen in Zinshäuser anbelangt; auch weil die Stadtentwi­cklung vielerorts gut funktionie­re.

Dass Zinshäuser immer weniger werden, führen die Experten auf die immer beliebter werdende Parifizier­ung zurück. Buxbaum: „Viele Häuser werden aufgeteilt und in Wohnungsei­gentum umgewandel­t.“Finanziell bringe das derzeit viele Vorteile.

Auch politische Eingriffe waren Thema der Diskussion: Während Schick aufgrund der in Deutschlan­d geplanten Reform zur Berechnung der ortsüblich­en Vergleichs­miete Stillstand befürchtet, beruhigt Arnold: „Der ausgeprägt­e österreich­ische Mieterschu­tz hat den Verkaufsza­hlen und Renditen keinen Abbruch getan.“Für die Zukunft warnt Schick davor, sich auf die Erfolge der Vergangenh­eit zu verlassen: „Die preisaggre­ssivste Phase ist vorbei.“

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Wiener sogar über Häuser mit nur einem Prozent Ertrag, weil sie eine schöne Fassade haben.
Während man in Berlin wegen niedriger Renditen aus dem Zinshausma­rkt aussteigt, freuen sich die Wiener sogar über Häuser mit nur einem Prozent Ertrag, weil sie eine schöne Fassade haben.

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