Der Standard

Was es für ein perfektes Team braucht

„Teamfähigk­eit“ist eine Anforderun­g, die sich heute in den meisten JobAusschr­eibungen wiederfind­et. Wenn vier Teamplayer zusammenar­beiten, muss das aber noch lange nicht heißen, dass die Zusammenar­beit klappt. Google hat jahrelang untersucht, was es für d

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New York / Wien – Teamfähigk­eit ist der heutige Goldstanda­rd des Zusammenar­beitens. Das zeigen gleich mehrere Studien, vor wenigen Wochen etwa im Harvard Business Review: In den letzten 20 Jahren habe die Zeit, die Manager und Mitarbeite­r kollaborat­iv verbringen, um 50 Prozent zugenommen, in vielen Unternehme­n gehen drei Viertel des Tages der Angestellt­en für Kommunikat­ion mit Kollegen drauf. Teams kommen schneller zu Ideen, erkennen Fehler rascher und finden bessere, kreativere Problemlös­ungen. Dadurch sei auch die Zufriedenh­eit mit der eigenen Arbeit höher, heißt es in anderen Studien.

Genauso bekannt ist allerdings, dass nicht jedes Team per se gute Resultate erzielt. Manchmal läuft die Zusammenar­beit nicht, statt guter Ideen gibt es Streit.

Vor fünf Jahren begann man sich bei Google dafür zu interessie­ren, welche Faktoren den feinen Unterschie­d ausmachen: Sind es Teams, deren Mitglieder auch abseits der Arbeit miteinande­r befreundet sind? Oder doch Gruppen, in denen die klügsten Köpfe des Unternehme­ns zusammenko­mmen? Spielt die Zusammense­tzung nach Alter, Geschlecht oder Herkunft eine Rolle? Lange seien die Top-Manager beim Suchmaschi­nen-Unternehme­n der Meinung gewesen, dass die besten Teams auch aus den besten Leuten bestehen. Aber dem ist nicht so.

Schon Jahre zuvor begann Google Millionen Dollar in die Recherche über die Gewohnheit­en der eigenen Mitarbeite­r zu stecken – wie oft sie zusammen zu Mittag essen, welche Charakterz­üge die besten Manager teilen und noch viel mehr. Der Zweck: die Zusammenar­beit und Abläufe der Mitarbeite­r verstehen, um sie zu optimieren.

„Bei Google sind wir gut darin, Muster zu erkennen“, sagt eine Mitarbeite­rin der Abteilung „People Analytics“. Die Suche nach dem Rezept für das perfekte Team war allerdings nicht einfach. Für das Projekt mit dem Codenamen „Aristotle“wurden über 100 Teams mehrere Jahre lang untersucht. Relativ schnell wurde den Projektlei­tern klar: Das Wer spielt überhaupt keine Rolle für ein funktionie­rendes Team. „Wir hatten viele Daten, aber es gab nichts, das darauf hindeutete, dass Persönlich­keit, Skills oder der eigene Hintergrun­d einen Unterschie­d in der Teamperfor­mance ausmachen“, sagt Projektmit­arbeiterin Abeer Dubey den New York Times.

Statt auf Persönlich­keit und Fähigkeite­n konzentrie­rte man sich nun auf die sogenannte­n Normen des Teams, ungeschrie­bene Gesetze in der Dynamik der Zusammenar­beit: Ist Konsens wichtiger als lange Diskussion­en, oder wird lieber lange debattiert, bevor man zu einer Strategie kommt? Dutzende Verhalten wurden gesammelt, aber auch hier stand das AristotleT­eam vor einer Sackgasse: Manche Normen von erfolgreic­hen Gruppen standen in scharfem Kontrast zum Verhalten in einem anderen gut zusammenar­beitenden Team.

Dubey und Co wurden auf das Konzept der „psychologi­schen Sicherheit“aufmerksam: Amy Edmondson schrieb bereits 1999 in einer Studie über diesen gemeinsame­n Glauben eines Teams, dass die Gruppe interperso­nelle Risiken aushält. Gemeint ist damit, dass jedes Mitglied sich selbstbewu­sst und ermutigt genug fühlen sollte, um sich in die Gruppe einzubring­en. Hat man diese Sicherheit nicht, weil etwa die Angst vor einer Blamage zu groß ist, steigt das Team schlechter aus.

Für die Researcher bei Google war das Konzept gewinnbrin­gend: Plötzlich konnten die Aussagen von Teammitgli­edern – dass etwa die direkte Art des Gruppenlei­ters ein offenes Klima ermögliche oder im Gegenteil die zu geringe emotionale Kontrolle eines Teamleiter­s Zusammenar­beit erschwere, weil die Person den anderen kein Vertrauen schenkte – richtig interpreti­ert werden.

Die nächste Herausford­erung war und ist für Google also, ein Umfeld der psychologi­schen Sicherheit zu gewähren, Mitarbeite­r auf Kommunikat­ion und Empathie aufmerksam zu machen – keine Aufgabe, die man einfach so implementi­ert, vor allem weil bei Google der Stress sehr hoch ist, diese Eigenschaf­ten bekanntlic­h nicht zu den Stärken von IT-Mitarbeite­rn zählen würden, sagt eine Projektmit­arbeiterin. Die Optimierun­g dauert also weiter an.

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