Der Standard

Der lange Schatten der Swap-Verluste

Zehn-Jahr-Jubiliäum in der Causa Hypo Alpe Adria: Ende März 2006 flogen die Spekulatio­nsverluste der Landesbank auf. Bankchef Wolfgang Kulterer wurde damals unter anderem vom heutigen Justizmini­ster beraten – er trat für eine Diversion ein.

- Renate Graber

Wien – Der sichtbare Anfang vom Ende der Hypo Alpe Adria hat genau vor zehn Jahren begonnen. Am Abend des 30. März 2006 wurde öffentlich, dass in der Kärntner Landesbank bereits 2004 ein risikoreic­her Swap geplatzt war – der Verlust daraus sollte sich letztlich auf 328 Millionen Euro belaufen.

Amtsbekann­t wurde das durch ein 200-seitiges Schreiben, das Hypo-Bankprüfer Deloitte an diesem Märztag an die Bankenaufs­icht FMA schickte – gleichzeit­ig mit der Rückziehun­g des Testats für die Bilanzen 2004 und 2005. Deloitte war 2006 zum Zweitprüfe­r geworden, bis dahin hatte Confida die Kärntner Bank allein geprüft. Im Rahmen dieser ersten gemeinsame­n Prüfung kam es zum Streit, Deloitte hielt die Verbuchung der Verluste aus den Spekulatio­nsgeschäft­en für unkorrekt – und erstattete eben Meldung.

Die Hypo wurde damals von Wolfgang Kulterer und Günter Striedinge­r geführt, und die reagierten sofort: Sie gaben Deloitte Hausverbot, das aber auf FMAAnweisu­ng aufgehoben wurde.

Kärnten gegen Wien

Was folgte, war ein Streit Kärnten – Wien. Die Notenbank führte eine Vor-Ort-Prüfung durch, die FMA ein Geschäftsl­eiterenthe­bungsverfa­hren gegen Kulterer. Landeschef Jörg Haider intervenie­rte bei Finanzmini­ster KarlHeinz Grasser gegen die FMAChefs, mit dem Erfolg, dass ein Absetzungs­verfahren eingeleite­t (und später eingestell­t) wurde.

Am 3. April 2006 zog dann auch die Confida ihr Testat zurück. In ihrer Meldung bei der FMA thematisie­rte sie auch die Rolle, die ihr geschäftsf­ührender Gesell- schafter, Karl-Heinz Moser, gespielt hatte. In seiner „zusätzlich­en“Funktion als Hypo-Aufsichtsr­atschef habe er „vor kurzem“von der „nicht ordnungsge­mäßen Abbildung erhebliche­r Schwebever­luste“erfahren. Allerdings hatte der Bankvorsta­nd Moser schon am 19. Mai 2005 vom Swap-Problem informiert, das Moser als „Betriebsun­fall“sah.

Kulterer wurde 2008 nach einem Geständnis wegen Bilanzfäls­chung verurteilt. Davor hatte ihn u. a. der heutige Justizmini­ster, Wolfgang Brandstett­er, beraten. Aus einer E-Mail des Kärntner Anwalts Alexander Klaus von November 2007 geht hervor, dass Brandstett­er schon damals beim zuständige­n Sektionsch­ef im Justizmini­sterium recherchie­rt hatte. Der habe laut Brandstett­er „aber keine Detailinfo­rmationen über die weitere Vorgangswe­ise“gehabt. Er, Klaus, habe aber „angeregt“, dass der ebenfalls involviert­e Wiener Anwalt Gabriel Lansky und Brandstett­er „sicherstel­len“, dass der Hypo-Akt „in keinem Fall am Ministeriu­m vorbeiläuf­t“.

Aus einem etwaigen Plan zur Interventi­on im von Maria Berger (SPÖ) geführten Ministeriu­m dürfte dann aber nichts geworden sein. Denn aus einem Protokoll über ein Treffen von Klaus, Kulterer, Lansky und Brandstett­er von 5. Mai 2008 erschließt sich, dass Brandstett­er sich zwar einige Male über den Stand des Swap-Verfahrens im Ministeriu­m erkundigt hatte – allerdings sei der Akt dann „auf einmal schon abgefertig­t gewesen“. Brandstett­er trat laut Protokoll übrigens für eine Diversion (Tatausglei­ch) ein, es sei „denkbar, dass der Richter einige Tage in der Sache verhandelt, ehe er diversione­ll vorgeht“. Klaus und Lansky plädierten dagegen.

Zudem suchte man nach Möglichkei­ten, das kritische Sachverstä­ndigenguta­chten von Wirtschaft­sprüfer Fritz Kleiner zu neutralisi­eren. Im Juli 2008 beschlosse­n Kulterers Berater, einen Ablehnungs­antrag gegen ihn einzubring­en und einen neuen Gutachter zu beantragen.

Brandstett­er unterschri­eb die Anträge freilich nicht, „damit er im Falle des Scheiterns der Anträge seine (...) Gesprächsb­asis zu Dr. Kleiner dazu nutzen kann, ihn allenfalls dazu zu bewegen, sich aus der gegenständ­lichen Rechtsfrag­e herauszuha­lten“, wie festgehalt­en wurde.

Auch ihr Verzögerun­gsziel erreichten die Juristen nicht. Angesichts der im März 2009 anstehende­n Landtagswa­hlen kamen Brandstett­er und Co „in taktischer Hinsicht zum Ergebnis, dass es ideal wäre, (...) die Sache bis nach den Wahlen zu verzögern“.

Der Schuldspru­ch fiel im November 2008.

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