Regierung will Zugang zu Asyl deutlich einschränken
Ein Gutachten bestärkt die Regierung darin, das Asylrecht zu verschärfen. Ab Mitte Mai soll per Schnellverfahren direkt an der Grenze entschieden werden, ob Flüchtlinge einen Asylantrag stellen dürfen oder nicht.
Wien – Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) brachte es so auf den Punkt: Die Fragen der Regierung rund um die Festlegung und Exekution einer „Obergrenze“für Asylanträge wurden von den beiden Gutachtern zwar „nicht ziffernmäßig, aber inhaltlich beantwortet“– und das zur vollen Zufriedenheit der Auftraggeber, ließ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Mittwoch bei der Präsentation des Gutachtens durchblicken.
Die Antwort des Innsbrucker Europarechtlers Walter Obwexer und des Wiener Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk sei ein doppeltes „Ja“, sagte die Ministerin. Ja, die Regierung dürfe eine Obergrenze für Asylanträge – sie wurde für heuer mit 37.500 festgelegt – definieren, um die staatlichen Systeme (Sicherheit, Gesundheit, Bildung etc.) nicht zu überfordern. Und ja, sie dürfe Maßnahmen setzen, um diese Obergrenze auch durchzusetzen.
Im Gutachten heißt es dazu, die „Festlegung eines Richtwerts (‚Obergrenze‘) in Form einer bestimmten Höchstgrenze (...) stünde mit österreichischem Verfassungsrecht nicht im Einklang“. Je- doch seien unter bestimmten Vorgaben „auch verfassungsrechtlich Maßnahmen zur zahlenmäßigen Beschränkung des Zustroms von Schutzsuchenden erlaubt“.
Im EU-Vertrag gibt es eine Notstandsklausel (Artikel 72), die die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten für „die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit“regelt – und die sehen die zwei Minister, aber auch Kanzler und Vizekanzler, durch den Flüchtlings- andrang bereits gefährdet. 2015 wurden in Österreich 90.000 Asylanträge gestellt, im aktuellen Jahr waren es bis Ende März 14.000.
Nun wollen SPÖ und ÖVP also scharf bremsen, indem das Asylrecht mit einem Notfallmechanismus verschärft und die Zahl der Flüchtlinge per Schnellverfahren samt „Kurzprüfung“(Doskozil) direkt an der Grenze bzw. in zu schaffenden grenznahen „Registrierzentren“reduziert werden. Schluss mit „Durchwinken“.
Das geplante Asylmanagement an der Grenze erfordere auch, „dass wir Grenzkontrollen intensivieren müssen“, sagte Doskozil. Auf dem Brenner und in Thörl-Maglern zu Italien bzw. im Burgenland zu Ungarn soll aufgerüstet werden.
Ab Mitte Mai soll die Zulassung von Flüchtlingen zum Asylverfahren stark eingeschränkt werden. Jetzt ist Österreich EU-rechtlich verpflichtet, im Land gestellte Asylanträge zumindest zu prüfen. Doskozil: „Bis dato konnte jetzt jeder, der einen Asylantrag stellte, in ein Asylverfahren eintreten.“
Laut Gutachten ist Österreich völkerrechtlich jedoch nicht verpflichtet, alle Asylanträge zuzulassen. Mit Ausnahmen, die aus der Grundrechte-Charta der EU resultieren, und auf die man sich künftig beschränken will, sagte Mikl-Leitner: „Wir werden keine Asylanträge zulassen, außer wir müssen das tun aufgrund gewisser Kriterien wie Artikel 8 der Menschenrechtskonvention.“Darin ist das „Recht auf die Achtung des Privat- und Familienlebens“(„Familienzusammenführung“) verankert. Heißt also: Nur wer in Österreich Vater, Mutter oder Kind/-er hat, müsste zum Asylverfahren zugelassen werden.
Grenznahe Registrierzentren
Antragsberechtigt wären weiters Personen, denen durch Zurückweisung in ein Nachbarland zum Beispiel die Gefahr unmenschlicher Behandlung oder des Todes drohen würde. Alle anderen Flüchtlinge sollen künftig in jenes Nachbarland zurückgeschickt werden, aus dem sie gekommen sind. Einzelne, von diesen Rückschiebungen dann betroffene Staaten wie Ungarn, Bulgarien und Slowenien seien auch schon informiert, sagte die Innenministerin.
Die Zahl der „Registrierzentren“soll in den kommenden Wochen definiert werden. Grundsätzlich können Asylwerber dort bis zu 120 Stunden festgehalten werden, um abzuklären, ob die Annahme des Asylantrags notwendig ist, sagte Mikl-Leitner. Jeder Zurückgewiesene soll beim zuständigen Landesverwaltungsgerichtshof berufen können – ohne aufschiebende Wirkung. pGutachten: