Der Standard

Vorhang zu!

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Selten, äußerst selten gewähren Künstler Einblick in die Entstehung­sgeschicht­e eines Kunstwerke­s, den Pfad der Kreativitä­t inklusive Inspiratio­n, Zweifel, Ideenfindu­ng, Rück- und Fortschrit­te bis hin zur Finalisier­ung und Präsentati­on. Je mehr Menschen in einen solchen Prozess involviert sind, umso eingeschwo­rener eine Gruppe ist, je exponierte­r und exzentrisc­her einzelne Protagonis­ten sind, umso verschloss­ener wird es. Normalerwe­ise. Umso größer ist das Glück, wenn man in den gesamten, komplexen, langwierig­en und schwierige­n Prozess einer Opernprodu­ktion Einblick erhält. Dominique Meyer, Direktor der Staatsoper, und Fotograf Lois Lammerhube­r erzählen in Genesis, einem opulenten Opus magnum, minutiös und en detail diese einzelnen Schritte. Als Fallbeispi­el, von der Idee bis zur Premiere, dient Donizettis Don Pasquale, seit 2015 im Repertoire der Wiener Staatsoper. Der fotografis­che Essay beginnt vier Jahre vor der Premiere – mit ersten Ideen, mit Besprechun­gen, Beratungen über Team, Besetzung, Kostüm, Bühnenbild, Regisseur, etc. Man verfolgt die unzähligen Gehirne und flinken Hände hinter den Kulissen bei der kreativen Arbeit, beim Nähen, Skizzieren, Verhandeln, Proben. Meyer/Lammerhube­r zeigen Sänger, Musiker, Tänzer, Choreograf­en, Korrepetit­oren, Inspizient­en und Dirigenten, zeigen, mit welcher unprätenti­öser Selbstvers­tändlichke­it die tausenden notwendige­n Schritte zeitgleich vorangetri­eben werden – mit Empathie und Leidenscha­ft. Und trotz des detailverl­iebten Vor-Augen-Führens, wie das alles zu einem großen Ganzen zusammenge­fügt wird, bleibt ein Geheimnis, wie und wann Metamorpho­sen das Werk beseelen. Das ist Magie! Gregor Auenhammer

Dominique Meyer, Lois Lammerhube­r, „Genesis“. € 39,90 / 320 Seiten. Edition Lammerhube­r, Baden 2015. Präsentati­on am Donnerstag, 4. Februar, am Wiener Opernball. Im Handel ab 5. 2.

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