Irmgard Griss’ Schaulaufen im FPÖ-Klub
Präsidentschaftsanwärterin Irmgard Griss stellte sich einem FPÖ-Hearing – und ließ viele Fragen offen
Das Hearing der FPÖ wurde für Präsidentschaftsanwärterin Irmgard Griss am Dienstag zum Balanceakt. Kritische Fragen des blauen Führungspersonals versuchte sie wohl austariert zu umschiffen. Als etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache fragte, ob Griss für jene „zentralistische“und „dramatisch gescheiterte“EU stehe, die seiner Ansicht nach den Nationalstaat entsorgen wolle, befand die Kandidatin elegant: Die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sei nötig, „das heißt aber nicht, dass Kompetenzen, die besser beim Nationalstaat angesiedelt sind, nach Brüssel wandern sollen“. Die ÖVP hat der Exhöchstrichterin bereits eine Absage erteilt, ihre Kandidatur zu unterstützen. Die FPÖ will im Jänner entscheiden.
Wien – Heinz-Christian Strache kann auch Feminismus: Es sei „wünschenswert“, dass erstmals eine Frau Staatsoberhaupt wird, sagt der Parteichef. Deshalb zeige sich die FPÖ offen, bei der Präsidentenwahl eine parteiunabhängige Kandidatin zu unterstützen.
Eine ebensolche, die ehemalige Höchstrichterin Irmgard Griss, stellt sich am Donnerstag einem Hearing des freiheitlichen Führungspersonals. Straches Vorgabe – aktiver Präsident, kein Staatsnotar – versucht die 69-Jährige gleich zur Eröffnung einzulösen. Die Waffe des Präsidenten sei das Wort, sagt Griss. Sie werde keine Probleme auf die Seite schieben, sondern Diskussionen einfordern, auf dass gemeinsame Lösungen gefunden würden – denn: „Die Gräben werden tiefer, man unterscheidet zwischen Gut und Böse.“
Ob sie die FPÖ als Täter oder Opfer dieser Polarisierung sieht, lässt Griss freilich offen – wie so manch andere Frage, die sich an diesem Nachmittag stellt. Das gilt gerade für ein Schlüsselthema, bei dem Strache so intensiv wie suggestiv nachbohrt: Steht Griss für jene „zentralistische“und „dramatisch gescheiterte“EU, die den Nationalstaat entsorgen wolle? Die Antwort der Kandidatin lässt Spielraum. Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sei nötig, sagt sie: „Das heißt aber nicht, dass Kompetenzen, die besser beim Nationalstaat angesiedelt sind, nach Brüssel wandern sollen.“
Europa ist wie Weihnachten
Die Mitgliedsstaaten müssten sich mehr in Europa einbringen, sagt Griss auch und hängt – schon fast Politikerin – eine Geschichte fürs Herz an. Weihnachten sei das, was wir daraus machen, habe sie unlängst ein Kind sagen hören. Genau das gelte für Europa.
Ähnlich konkret fällt ihr Statement zur Neutralität aus: Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik habe dieses Prinzip nicht obsolet gemacht – sie wolle aber eine Diskussion darüber, was Neutralität heute noch bedeute.
Was sie von dem Satz „Der Islam gehört zu Österreich“halte, will ein Mandatar wissen. „Ich kann damit wenig anfangen und weiß auch nicht, was gemeint ist“, sagt Griss – aber: Muslime, „die unsere unverhandelbaren Werte leben“, gehörten sehr wohl zu Österreich.
Versucht Griss da einen Spagat zwischen der eigenen Haltung und Positionen der FPÖ, deren Hilfe sie im Wahlkampf gut brauchen kann? Ein paar Mal bürstet Griss dann doch gegen den blauen Strich: Sie hält die Sanktionen gegen Russland für richtig, spricht sich für Doppelstaatsbürgerschaften ebenso aus wie für das Adoptionsrecht für Homosexuelle.
Die FPÖ will im Jänner entscheiden, ob sie Griss unterstützt, die ÖVP hingegen hat sich diesbezüglich bereits deklariert: Parteichef Reinhold Mitterlehner erteilte der Exrichterin eine eindeutige Absage.