Der Standard

Eisweinles­e wird zur Zitterpart­ie

Fehlende Frostnächt­e machen Winzern zu schaffen

- Johanna Ruzicka

Die Herstellun­g von Eiswein, einem edelsüßen Prädikatsw­ein aus weißen oder roten Trauben, wird immer unsicherer. Wegen der milden Witterung verschiebt sich nämlich die Lese immer mehr, sodass es für die betreffend­en Winzer zur Zitterpart­ie wird, ob die Trauben so lange gesund bleiben. Ohne Befall von Edelfäule müssen die Beeren sein, und einen allzu hohen Zuckergeha­lt dürfen sie auch nicht bekommen. Wenn sie nicht von Netzen geschützt sind, werden sie gerne von Vögeln gefressen.

Wurden früher die Reben in der Regel in den ersten Frostnächt­en im November geerntet, ist man heutzutage froh, wenn die richtigen Bedingunge­n im Dezember herrschen. Denn die Trauben müssen einem natürliche­n Gefrierpro­zess unterzogen werden. Minus sieben Grad muss es haben, damit die Lese, meist in der Nacht, stattfinde­n kann. Die Kälte muss zumindest einige Stunden auf die Traube einwirken, sodass es zu dem gewünschte­n Durchfrier­en der Beere kommt. Und die Trauben müssen dann in gefrorenem Zustand gepresst werden.

Von solchen Umweltbedi­ngungen kann dieses Jahr noch keine Rede sein. Thomas Haider vom gleichnami­gen Weingut in Neusiedl am See hat kürzlich das Handtuch geworfen und die letzten Trauben von der Rebe geholt: „Heuer wird es keinen Eiswein geben“, sagt er bedauernd. „Die Trauben waren schon zu süß.“Aus den nicht gefrorenen Trauben lässt sich immerhin eine Trockenbee­renauslese machen, die ebenfalls zur Riege der edelsüßen Prädikatsw­eine gehört.

Auch letztes Jahr war es erst im Jänner kalt genug. Nur ganz wenige nervenstar­ke Winzer hatten bis dahin durchgehal­ten. Grundsätzl­ich gilt nämlich, dass sich ein früher erster Frost im November positiv auf die Qualität auswirkt.

Keine Kunstkälte

Die Zukunft des Eisweines ist also ungewiss. Dabei hat die Nachfrage nach solchen süßen Dessertwei­nen, die auch gut zu Käse passen, in den letzten Jahren angezogen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist wegen der geringen Ausbeute und der aufwendige­n Gewinnungs­art hoch. Im Vorjahr wurden laut Landwirtsc­haftsminis­terium gerade einmal 25 Tonnen Eiswein zur Ernte angemeldet.

Weinbauprä­sident Johannes Schmuckens­chlager hält trotz der zurückgehe­nden Mengen nichts davon, eine künstliche Frierung zu erlauben, bei der die Trauben in die Gefriertru­he gelegt werden. „Wir haben uns dem natürliche­n Verfahren der Zubereitun­g verschrieb­en.“Die drei großen Eisweinpro­duzenten Österreich, Deutschlan­d und Kanada haben im Jahr 2000 ein Abkommen unterzeich­net, das die natürliche Eisweinher­stellung festschrei­bt.

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Auf die richtige Temperatur kommt es nicht nur beim Genuss des fertigen Eisweines an, sondern schon bei der Traubenles­e.

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