Der Standard

Kampf an der Grünbaum-Front eröffnet

Grünbaum-Erben ziehen gegen Londoner Kunsthändl­er in New York vor Gericht

- Olga Kronsteine­r Frau mit

Wien – Die Erben nach Fritz Grünbaum klagen den Londoner Kunsthändl­er Richard Nagy auf Herausgabe zweier Aquarelle von Egon Schiele, die er, wie berichtet (28. 11.), bei einer Kunstmesse in New York zum Verkauf bot. Das am 1. Dezember anberaumte Hearing beim New Yorker Gericht fand nicht statt, die Parteien verständig­ten sich auf einen neuen Termin (15. 1. 2016). Die per einstweili­ge Verfügung mit Reisever- bot belegten Blätter (u. a. schwarzer Schürze) verbleiben in Nagys Lager in New York. Ob der Kampf an der Grünbaum-Front tatsächlic­h juristisch ausgefocht­en wird, ist ungewiss. Ein Vergleich sei derzeit kein Thema, wie der Wiener Erbenvertr­eter Herbert Gruber auf Anfrage erklärt.

Die Geschichte der Sammlung des 1941 in Dachau verstorben­en Kabarettis­ten wurde von Provenienz­forschern (Albertina, Leopold-Museum) akribisch durchleuch­tet. Trotz zeitlicher Lücken zum Verbleib der Kunstwerke, die Grünbaums Schwägerin ab 1952 sukzessive verkaufte, fand sich kein Nachweis für eine Entziehung, selbst im Zuge dreier Gerichtsve­rfahren (2005–2011) in New York nicht.

Die bereits an das Gericht übermittel­ten Belege seien überwältig­end, betont hingegen Erbenanwal­t Raymond Dowd. Als Beweis wird etwa Fritz Grünbaums an seine Ehefrau erteilte Vollmacht geführt, ohne die eine Vermögensa­nmeldung nicht möglich gewesen wäre. Weiters ein dieser beigelegte­s Schätzguta­chten zur Kunstsamml­ung von Franz Kieslinger, einem damaligen Dorotheum-Experten und NSDAP-Mitglied. Für Experten handelt es sich dabei um die üblichen Dokumente, die jedoch – anders als etwa Beschlagna­hmeprotoko­lle – keine Entziehung belegen. Ob amerikanis­chen Richter, in Ermangelun­g historisch­en Detailwiss­ens, solche, der Klägerinte­rpretation folgend, als Beweise anerkennen, gilt es abzuwarten.

Einen weiteren Beleg sehen die Erben in einem an Elisabeth Grünbaum adressiert­en Brief von Ludwig Rochlitzer. „Als über Ihr und Ihres Mannes Vermögen von der Devisenste­lle Wien beauftragt­er Verwalter“übermittel­te er ihr 1939 eine Honorarabr­echnung. Im Zuge eines Gerichtsve­rfahrens war das Schriftstü­ck 1998 nicht von einem Dolmetsche­r, sondern von einer österreich­ischen Historiker­in (Name der Redaktion bekannt) übersetzt und um einen Kommentar ergänzt worden. Sinngemäß sei „das gesamte Grünbaum-Vermögen“über „diesen Treuhänder“eingefrore­n gewesen. Damit könnte Rochlitzer als Ariseur missversta­nden werden. Überliefer­t ist jedoch, dass er jüdischen Komponiste­n und Musikern in der NSZeit zur Flucht aus Österreich verhalf.

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schwarzer Schürze“von 1911.
Foto: Sotheby’s Egon Schieles Aquarell „Frau mit schwarzer Schürze“von 1911.

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