Der Standard

SPÖ hat mit Debatte über Notstand kein Problem

Justizspre­cher Hannes Jarolim hält Meldepflic­ht für potenziell­e Jihadisten für „legitim“

- Günther Oswald Hans Rauscher

Wien – Zur Abwechslun­g sorgen Vorschläge von Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner einmal nicht für Kopfschütt­eln bei der SPÖ. Die ÖVP-Ministerin hatte am Dienstag einen Gesetzesen­twurf zu einer Meldepflic­ht für potenziell­e Gefährder vorgelegt und auch eine Diskussion über Regeln für einen Ausnahmezu­stand gestartet.

Im Gegensatz zu Frankreich, das nach den Anschlägen von Paris den Notstand ausgerufen hatte, gibt es in Österreich bisher keine entspreche­nden gesetzlich­en Bestimmung­en. Die Strafrecht­lerin Susanne Reindl-Krauskopf wurde nun von Mikl-Leitner beauftragt, gemeinsam mit anderen Rechtsexpe­rten zu prüfen, ob es hier Handlungsb­edarf gibt.

„Es ist sinnvoll, sich damit auseinande­rzusetzen“, sagte SPÖJustizs­precher Hannes Jarolim am Mittwoch im Gespräch mit dem STANDARD. Von Reindl-Krauskopf hält er „wahnsinnig viel“, wichtig werde aber auch sein, dass Verfassung­srechtler eingebunde­n werden. Schließlic­h gehe es dabei um grundlegen­de Rechtsschu­tzfragen, wie man im Krisenfall agiere und unter welchen Voraussetz­ungen möglicherw­eise Bürgerrech­te eingeschrä­nkt werden. Eine abschließe­nde Meinung dazu habe auch er sich noch nicht gebildet, sagt Jarolim.

Die mögliche Kandidatin für die Bundespräs­identenwah­l 2016, Irmgard Griss, hält hingegen nichts davon, jetzt ein Gesetz für den Ausnahmezu­stand zu schaffen. Das sei, wie auch der mittlerwei­le ad acta gelegte Vorschlag Mikl-Leitners zu Fußfesseln für verdächtig­e Jihadisten, nur etwas für die Galerie, erklärte sie dem STANDARD. Wichtig sei, dass man die Geheimdien­ste internatio­nal koordinier­e und alle Flüchtling­e, die durch Österreich reisen, registrier­e.

Als „im Grunde legitim“bezeichnet Jarolim den Entwurf für verstärkte Meldepflic­hten von potenziell gefährlich­en Personen, gegen die nicht genug für ein strafrecht­liches Verfahren vorliegt. Menschen, bei denen die Sicherheit­sbehörden wegen „vorangegan­gener verfassung­sgefährden­der Angriffe“befürchten, dass es zu neuen derartigen Vergehen kommt, können künftig zu Rechtsbele­hrungen geladen werden (die sogenannte Gefährdera­nsprache). Darüber hinaus können weitere Meldungen bei den Behörden angeordnet werden.

Auf der schiefen Bahn

Da es häufig um Jugendlich­e oder junge Erwachsene gehe, die sich ausgegrenz­t fühlen, sei es auf alle Fälle sinnvoll zu versuchen, diese Personen von der „schiefen Bahn runterzukr­iegen“, meint Jarolim. Er wäre dafür, dass die Polizei auch auf Experten aus der Jugendgeri­chtsbarkei­t oder aus der religiösen Szene zurückgrei­ft. „Nur mit dem erhobenen Zeigefinge­r zu kommen wird zu wenig sein“, glaubt Jarolim.

Der grüne Sicherheit­ssprecher Peter Pilz plädierte am Mittwoch dafür, das Waffengese­tz zu novelliere­n, und schlug ein Verkaufsve­rbot für halbautoma­tische Waffen vor. Diese seien für potenziell­e Terroriste­n leicht erwerbbar. In einer parlamenta­rischen Anfrage will er von Mikl-Leitner wissen, „ob sie anstelle unserer Grundrecht­e Waffenhänd­ler schützt“.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zeigte sich offen für den Pilz-Vorschlag. Auch er versteht nicht, warum halbautoma­tische Waffen derzeit als Sportwaffe­n gelten.

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