Die medienscheuen BMW-Erben
Ökologie wird zur Ökonomie des 21. Jahrhunderts.“Wem würde man eine solche Aussage zuschreiben? Dieselbe Person investiert seit einiger Zeit schwerpunktmäßig in Unternehmen, die sich mit dem Erhalt der lebenswichtigen Ressource Wasser beschäftigen. Ihr Name: Susanne Klatten. Sie und ihr Bruder Stefan Quandt verfügen seit dem Tod ihrer Mutter Johanna Quandt Anfang August 2015 gemeinsam über 46,6 Prozent der Stammaktien des deutschen Autoherstellers BMW. Marktwert im Frühjahr 2015: 31 Milliarden Euro.
Der Publizist Rüdiger Jungbluth hat seine 2002 erschiene Familienbiografie überarbeitet und stellt nun die vierte Generation der Dynastie in den Fokus, allen voran die BMWGroßaktionäre Susanne Klatten und Stefan Quandt, die beiden Kinder aus der dritten Ehe Herbert Quandts. Der Industrielle, der 1954 mit seinem Halbbruder Harald ein Firmenkonglomerat im Wert von damals 55,5 Millionen D-Mark erbte, verhinderte, dass das „industrielle Nationalheiligentum“der Bayern 1959 nicht in die Hände der Daimler Benz fiel.
Jungbluth hatte für sein Buch Gelegenheit, mit den öffentlichkeitsscheuen BMW-Erben zu sprechen. Susanne Klatten gibt darin auch Privates preis. Der Liebesbetrug durch einen vermeintlichen Liebhaber und der aufsehenerregende Prozess gegen den Mann ist allerdings kein Thema. Dafür erhält der Leser Einblicke in Wirken und Denken der Geschwister. Zugleich zeichnet der Autor den wirtschaftlichen Aufstieg einer Familie nach, ohne moralische Fragen auszusparen. Bis zu der Ausstrahlung des NDR-Films Das
2007 wollten sich diese nicht damit auseinandersetzen, dass Großvater Günther Quandt (er war in zweiter Ehe mit Magda Ritschel, der späteren Frau des NSPropagandaministers Joseph Goebbels verheiratet), „mit nahezu allen Mitteln versucht hat, seinen Reichtum und seine wirtschaftliche Macht in der Hitler-Diktatur zu vergrößern“. Rüdiger Jungbluth, „Die Quandts“, 405 Seiten, Campus-Verlag Frankfurt 2015, 30,90 €