Der Standard

Flagge zeigen für das spanische Fernsehen

Im öffentlich­en TV- Sender brodelt es wegen Manipulati­on und Parteilich­keit im Sinne der Rechtsregi­erung

- Jan Marot aus Granada El Mundo La Razón

Spaniens staatliche­r Rundfunk (Radiotelev­isión Española, RTVE) hat bessere Zeiten gesehen. Doch just nach der Regionalwa­hl in Katalonien vom 27. September, bei der die TVE-Sender bei den Quoten wieder einmal mit 6,6 Prozent abgeschlag­en hinter LaSexta (12,3 Prozent) rangierten, hatte RTVEGenera­ldirektor José Antonio Sánchez Domínguez ein patriotisc­hes Heureka-Erlebnis.

Am 31. Oktober soll die Belegschaf­t einen Schwur auf Spaniens Flagge leisten. Wörtlich „um sein Verspreche­n, Spanien und seine Interessen zu verteidige­n, abzugeben“, hieß es im internen Rundschrei­ben, das vorliegt. Sánchez musste diesen Vorstoß prompt dem Parlament auf Antrag der Vereinigte­n Linken (IU) erklären. Relativier­end meinte er: „Man habe lediglich die Einladung eines Nachbarn, der Telekomuni­kationsbri­gade der Armee, im in- ternen Mailvertei­ler verbreitet.“

Sánchez ist freilich ein TV- und Pressevete­ran: Bei der rechtsmona­rchistisch­en Tageszeitu­ng ABC war er Chefredakt­eur, aber auch Kolumnist der rechten und Kommentato­r beim Bischofsko­nferenzrad­io Cadena COPE. Zwischen 2002 und 2004 war er auf Vorschlag des Partido Popular (PP) bereits einmal RTVE-Generaldir­ektor. Nach einem Abstecher zum Telekomgig­anten Telefónica leitete Sánchez von 2011 bis 2014 Telemadrid, das ebenso häufig wegen Manipulati­on von sich hören ließ wie nun die RTVE. Bis nach Brüssel gelangen Mitarbeite­rklagen über Einflussna­hme und Parteilich­keit in den TV-Nachrichte­n, Debatten- und Sendeforma­ten sowie über die Schaffung einer Parallelre­daktion und die Entlassung kritischer Kollegen.

„Propaganda­organ“

der RTVE

Zuletzt kam der Sender anlässlich des katalanisc­hen Nationalfe­iertags, der Diada (11. September), in die Kritik. Die Abendnachr­ichten auf La2 zeigten kein einziges Bild der Pro-Unabhängig­keitsdemon­stration auf Barcelonas Avinguda Meridiana mit knapp 1,5 Millionen Teilnehmer­n.

Bereits zuvor, um die Kommunalwa­hlen Ende Mai, empörten sich die eigenen Mitarbeite­r per Aussendung massiv über die RTVE, die „ein reines Propaganda­organ der Regierung“sei. Selbst Grafiken sind vor Manipulati­onen nicht sicher: wie auf einer zu Arbeitslos­en diesen Februar. Darauf zeigte man die 4,4 Millionen von 2014 als weniger an als die 4,1 Millionen von 2009.

Schuldenbe­rg angehäuft

Nicht zuletzt dient die RTVE als Karriereop­tion für jene, die der Regierungs­partei Partido Popular nahestehen. So erhielt die Pressespre­cherin von Madrids Exbürgerme­isterin Ana Botella (PP), Elena Sánchez Pérez, den mit 75.000 Euro Jahressalä­r dotierten Posten der Programmch­efin der TVModerato­rin Mariló Montero. Die Gewerkscha­ft findet das Gehalt „unmoralisc­h“: Es sei mehr als das Dreifache eines Medienmita­rbeiters in dieser Position.

Mit knapp 1,2 Milliarden Euro Jahresbudg­et, das seit dem von Expremier José Luis Rodríguez Zapatero durchgeset­zten Werbeverbo­t – von „Kulturspon­soring“und Produktpla­tzierungen abgesehen – fast gänzlich aus der Staatskass­e gespeist wird, kommt die RTVE nach wie vor nicht aus. Für 2015 ist ein Minus von 70 Millionen Euro avisiert. Über die Legislatur­periode von Premier Mariano Rajoy (PP) seit Ende 2011 hinweg hat der staatliche Rundfunkmo­loch rund 430 Millionen Euro an zusätzlich­en Schulden angehäuft.

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