Sarrazins FP-Visite erbost SPD
Führende deutsche Sozialdemokraten für Parteiaustritt
Berlin/Wien – Der gemeinsame Wahlkampfauftritt des ehemaligen Berliner Finanzsenators und Exbundesbankers Thilo Sarrazin mit FP-Chef Heinz-Christian Strache am Dienstagabend in Wien sorgt für Unmut bei den deutschen Sozialdemokraten. Denn Sarrazin, der in Wien – Seite an Seite mit Strache – die Schließung der Grenzen gefordert hatte, ist nach wie vor Mitglied der SPD.
„Das ist nicht mein Genosse. Je schneller er die SPD verlässt, umso besser!“, twitterte daraufhin Ralf Stegner, SPD-Vize und SPDChef in Schleswig-Holstein unter dem Hashtag #nichtmeingenosse.
Ähnlich sauer ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Niels Annen, der stellvertretende Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion ist. „Thilo Sarrazin hat sich mit seinem Auftritt für Herrn Strache endgültig aus der Sozialdemokratischen Partei verabschiedet. Jetzt muss dieser Schritt nur noch formal vollzogen werden. Am besten von ihm selbst und besser heute als morgen“, sagt er zum STANDARD.
Kein weiteres Verfahren
Im Umfeld von SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi heißt es, dem sei nichts hinzuzufügen, die Generalsekretärin schließe sich diesen Aussagen an. Auf die Frage allerdings, ob es ein neues Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin geben könnte, lautet die Antwort ganz klar: „Nein.“
Auch Stegner und Annen wünschen sich, dass Sarrazin von selber geht, einen Rauswurf von Sarrazin fordert niemand. Damit nämlich ist die SPD schon zwei Mal gescheitert. Nachdem Sarrazin sich unter anderem in seinem umstrittenem Bestseller Deutschland schafft sich ab abfällig über angeblich integrationsunwillige arabische und türkische Einwanderer geäußert hatte, warf ihm die SPD Verletzung von sozialdemokratischen Grundwerten vor.
Doch Sarrazin konnte die beiden Verfahren (2010 und 2011) abwehren. Beim zweiten Verfahren hatten sich die damalige SPDGeneralsekretärin Andreas Nahles (heute Arbeitsministerin) und SPD-Chef Sigmar Gabriel ziemlich ins Zeug gelegt. Aber dann erklärte Sarrazin, er werde keine sozialdemokratischen Grundwerte mehr verletzen – und die Sache war gegessen, wenngleich Nahles und Gabriel blamiert waren.
In Wien nun dürfte der Provokateur schon geahnt haben, dass sein Auftritt bei der FP für neue Unruhe in der SPD sorgen würde. Er betonte bei der Veranstaltung extra: „Ich bin Sozialdemokrat und bleibe es auch.“(bau)