Der Standard

Tot, aber glücklich

Thomas Stipsits und Manuel Rubey mit ihrem Kabarett „Gott und Söhne“

- Stefan Weiss Gott und Söhne

Wien – Glück ist im Grunde ein fataler Zustand. Kaum hat sich der dafür verantwort­liche Mix an Botenstoff­en im Gehirn eingestell­t, dreht sich alles nur noch darum, ihn auch so beizubehal­ten. Dafür hält eine Glücksindu­strie aus Therapeute­n, Ratgebern, Programmie­rern oder Drogenköch­en Strategien bereit. Die Firma „Gott und Söhne“in Thomas Stipsits’ und Manuel Rubeys gleichnami­gem Programm, das derzeit u. a. im Stadtsaal läuft, verspricht Glück in 30 Tagen. Was sie dafür will? Bloß ein paar persönlich­e Daten.

So weit die Idee für jenes Stück im Stück, an dem Stipsits und Rubey gerade schreiben und an dessen Entstehung­sprozess sie ihr Publikum teilhaben lassen. Wohin das Ganze führen soll, ist den beiden selbst nicht klar. Zum Bei- spiel aber in die Praxis des Therapeute­n: Dort erhofft sich Thomas Stipsits in Gestalt eines Opernsänge­rs Heilung von seinem Tick, nur singend sprechen zu können. Grönemeyer, Wanda und andere Schlager parodiert er passend zur Gemütslage. Kein Wunder, dass hier der erste Mord passiert.

Manuel Rubey gibt derweil den bisexuelle­n Tiroler Postler und Haneke-Fan Hermes, der freimütig bekennt, stets entweder geil oder traurig zu sein und auf seiner Mission, Glücksbrie­fe der Firma „Gott und Söhne“unters Volk zu bringen, unter anderen auf schwulenfe­indliche Araber trifft, die Strache wählen. Gemordet wird nach Vorgabe der sieben Todsünden. Täter unbekannt.

Die Psychothri­llerparodi­e verschwimm­t im zweiten Teil des Programms zum Horrortrip. Eine Flucht über die von Italopop-Mu- sikern übersäte Mariahilfe­r Straße endet in einem weißen Luftballon, in dem der Herrgott selbst vor einem Laptop sitzt. Derlei psychedeli­sche Maßlosigke­it (Todsünde!) schreit natürlich nach Bestrafung: Und so verenden auch Stipsits und Rubey im Kugelhagel.

In dem von Alfred Dorfer inszeniert­en Programm gleiten die Kabarettis­ten in rasantem Tempo zwischen tragikomis­chem und skurrilem Terrain hin und her, ohne den harten Boden der Realität aus den Augen zu verlieren.

ist ein im besten Sinne verworrene­s Stück, so abgrundtie­f komisch und böse wie ein Harald-Sicheritz-Film. Allerdings hätte das Aussparen gewisser selbstrefe­renzieller Stellen der Handlung gut getan. So wird das Stück leider auch im mehrdeutig­en Sinne etwas zu Tode gespielt. pTermine: www.stipsits.com

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