Exkanzler Schüssel sah keine Flieger im Nebel
Exkanzler Wolfgang Schüssel wurde seinem medialen Beinamen „Schweigekanzler“im U-Ausschuss nicht gerecht. Wissenswertes über die Hypo wusste er wenig zu erzählen. Tilo Berlin schilderte den Einstieg der Investorengruppe, der durchaus riskant gewesen sei.
Wien – Eines einte die beiden Auskunftspersonen, die am Mittwoch vor dem parlamentarischen HypoU-Ausschuss ausgesagt haben. Exkanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Exbankchef und Investor Tilo Berlin schlängelten sich bei ihrer Ankunft an den vielen, vielen vor dem Budgetsaal wartenden Medienvertretern vorbei. Während Schüssel im Ausschusslokal nolens volens ein Blitzlichtgewitter über sich ergehen ließ, lehnte Berlin die Ablichtung ab: „Es gibt genug Fotos von mir.“
Exkanzler Schüssel hatte sich zuvor selbstsicher wie immer gezeigt. Manchmal ein wenig genervt („Für Sie Herr Doktor Schüssel“, schulte er Team-StronachMandatar Robert Lugar um), manchmal staatstragend („Hören Sie, ich war 2006 EU-Präsident. Ich weiß gar nicht, wo ich da genau herumgekurvt bin in der Weltgeschichte“), manchmal aber auch auf dünnem Eis unterwegs. So beim Thema Einstieg der BayernLB in die damalige Kärntner Landesbank.
Kurze Einordnung: Schüssel war von 2000 bis Jänner 2007 Kanzler, öffentlich negativ aufgefallen ist die Hypo im Frühling 2006 erstmals. Damals waren die 2004 angefallenen (aber falsch verbuchten) Swapverluste aufge- taucht. Davor seien die Hypo und ihr Chef Wolfgang Kulterer nach Schüssels Wahrnehmung eine „Erfolgsgeschichte“gewesen. Anlässlich der Frage Lugars, warum Schüssel 2006 bei der wankenden Bawag medienwirksam ein Sparbuch eröffnete, aber nicht bei der Hypo, kam der Exkanzler auf die Bayern zu reden. Die hätten damals schon großes Interesse gezeigt, die Hypo zu kaufen.
Bayern-Interesse kam früh
In den folgenden Stunden kamen die Abgeordneten immer wieder auf dieses Thema zurück. Denn tatsächlich sind die Bayern erst Mitte 2007 mehrheitlich in die Hypo eingestiegen; die (hochgeheimen) Verhandlungen mit den Kärntnern sollen frühestens ab Anfang 2007 geführt worden sein, wird allseits beteuert.
Von Bedeutung ist das vor allem auch wegen des Einstiegs der Investorengruppe Tilo Berlin ab Dezember 2006. Auch ihre Proponenten beteuern, vom Einstieg der Bayern, bei dem sie einen riesigen Schnitt machten, vorerst nicht gewusst zu haben. Immer wieder also wurde Schüssel nach Details für seine Information gefragt, immer weniger sagte er dazu.
„Alle möglichen Bayern, die immer wieder vorbeigekommen sind“hätten ihr Interesse de- poniert. Wer genau? Daran könne er sich nicht mehr erinnern.
Der Exkanzler selbst hat sich mit dem Thema Hypo in seiner Ära offenbar nicht intensiv auseinandergesetzt. Er habe zwar 2006 beim (mittlerweile berühmten) Spaziergang mit den damaligen FMA-Chefs Heinrich Traumüller und Kurt Pribil mit selbigen auch über die Hypo geredet – dass die davon sprachen, dass die Hypo „wie ein Sportflugzeug ohne Radar im Nebel unterwegs war“, bestätigte er aber nicht. Die FMAChefs hätten gemeint, sie hätten alles unter Kontrolle – „und sie haben mit dem Absetzungsverfahren gegen den Bankvorstand auch richtig reagiert“, meinte Schüssel.
Der im übrigen nicht müde wurde, die Aufsicht, die in seiner und Karl-Heinz Grassers Ära reformiert wurde, zu verteidigen. Nicht, dass sie „heiligzusprechen ist, da sind schon Fehler passiert“, aber man könne sie nicht so hinstellen, als sei sie „zum Krenreiben“. Im Großen und Ganzen habe die Arbeit der Aufsicht gepasst, sagte der Exkanzler sinngemäß. Für ihn stünden in erster Linie immer die Wirtschaftsprüfer und der Aufsichtsrat in der Verantwortung.
Die heftigsten Wortgefechte lieferte sich der Exkanzler mit Lugar, der Schüssel mit der Frage zu provozieren suchte, wie man denn „ohne Informationen ein Land regieren kann“– oder ob Schüssel denn ein Frühstückskanzler gewesen sei? Schüssel volierte den Ball locker ab: „Sicher hab ich als Kanzler gefrühstückt.“SPÖ und ÖVP fragten wenig.
Tilo Berlin kam mit seinem Bruder, Anwalt Malte Berlin, ins Parlament. Er zeigte sich auskunftsfreudig, sofern vom Geschäftsoder Bankgeheimnis entbunden. Und erzählte, dass der Einstieg in die Hypo nicht risikolos gewesen sei, Berlin-Gesellschaften selbst seien mit 2,5 Mio. Euro dabei gewesen. Bei der Frage von NeosMandatar Rainer Hable, ob den 70 Investoren der dritten Tranche (da war der Bayern-Einstieg schon bekannt) „ein Geschenk“gemacht wurde, entschlug sich Berlin.
Ebenso bei anderen Details des Hypo-Deals, die Berlins Gesellschaft damals auch Finanzminister Grasser schmackhaft machte. Berlin war nicht entbunden und berief sich auf ein laufendes Strafverfahren. In dem geht es um die Frage, ob der Gewinn aus dem Deal zu versteuern war.