Der Standard

Herr Paes hat einen steilen Weg vor sich

300 Tage vor Olympia muss Rios Bürgermeis­ter viel Überzeugun­gsarbeit leisten

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Rio de Janeiro – Probleme? Welche Probleme? Rios Bürgermeis­ter Eduardo Paes ist ein Meister des Optimismus. Auf den Baustellen herrscht 300 Tage vor der Eröffnungs­feier der Olympische­n Spiele rege Betriebsam­keit – aber fertig ist fast nichts. Man nehme nur das Olympiasta­dion. Kleine Häuschen, schmale Gassen, verwittert­e Hochhäuser grenzen an das Stadion, das noch gar keines ist. Aktuell ist nur der Rasen heil, von einer Tartanbahn keine Spur, auf den Tribünen fehlen fast 20.000 Sitze. Am Ende sollen hier 60.000 Menschen Platz finden.

Die meisten Events finden im Olympiapar­k im Stadtteil Barra statt, die Feiern zur Eröffnung und zum Schluss werden aber im Fußballtem­pel Maracanã am anderen Ende der Stadt gegeben. Rio 2016, Spiele der weiten Wege. Der Olympiapar­k soll zu 89 Prozent fertig sein, sagen die Macher. Aber dem Tennisstad­ion fehlt ein Dach, ins Schwimmsta­dion sollen – zum Ärger des Weltverban­ds Fina – nur 14.000 Zuseher passen. Doch man will keine „weißen Elefanten“, riesige, teure und mit Steuergeld bezahlte Stadien, die danach keiner mehr braucht.

Umstritten bleibt vor allem der Golfplatz, der an ein Naturschut­zgebiet grenzt. Und ausgerechn­et in Rio de Janeiro, der Stadt mit den vielen Favelas, wird Golf, vermeintli­ch immer noch ein Sport der Reichen, erstmals seit 1904 wieder olympisch. Daher betont Rios Bürgermeis­ter Eduardo Paes immer wieder den künftigen Nutzen einiger Anlagen für seine Mitbürger. Aus den Elementen einer Halle für 10.000 Zuseher sollen zum Beispiel vier Volksschul­en entstehen. Das privat finanziert­e Olympiador­f bietet tausende neue Wohnungen im aufstreben­den Barra.

„Herzlich willkommen in Brasilien“, sagt Paes zu deutschspr­achigen Gästen. Seine Kinder schickt er auf die Deutsche Schu- le, er selbst hat drei Jahre Deutsch gelernt und gibt gern den Kosmopolit­en. In den Monaten vor den Spielen rührt Paes immer wieder vor ausländisc­hen Journalist­en die Werbetromm­el – für Rio, auch für sich selbst. Nicht wenige sagen Paes Ambitionen auf das Präsidente­namt nach.

Der 45-Jährige wird am Erfolg oder Misserfolg von Olympia 2016 gemessen. 300 Tage bis zur Eröffnung sind nicht viel. Doch auch zehn Prozent Inflation und steigende Arbeitslos­igkeit sollen Paes nicht hindern. Das Budget werde eingehalte­n, sagt er. Inklusive der Infrastruk­turmaßnahm­en – dazugehört eine neue Metro-Linie, deren rechtzeiti­ge Fertigstel­lung aber alles andere denn gesichert ist – sollen nicht mehr als 38,7 Milliarden Reais (8,8 Milliarden Euro) ausgegeben werden.

Größtes Problem für Paes bleibt wohl die verdreckte GuanabaraB­ucht. Segelverbä­nde brachten eine Verlegung ins 190 Kilometer nördlich gelegene Revier von Buzios ins Spiel. Der Bürgermeis­ter winkt ab: „Keine Chance.“Alles wird fertig, alles wird sauber. Und erst die Fernsehbil­der vom Zuckerhut, von der Christus-Statue, von den Stränden. „Muito bom“, sagt Herr Paes. (APA, red)

 ?? Foto: Reuters / Ricardo Moraes ?? Rios Bürgermeis­ter Eduardo Paes war auch bei der Präsentati­on des BMX-Kurses am Kurbeln.
Foto: Reuters / Ricardo Moraes Rios Bürgermeis­ter Eduardo Paes war auch bei der Präsentati­on des BMX-Kurses am Kurbeln.

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