Der Standard

Armeeoffen­sive in Syrien

Russische Jets helfen Assads Bodentrupp­en

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Damaskus/Moskau/Berlin – Nach Angaben der syrischen Opposition haben Truppen der Assad-Armee eine Bodenoffen­sive gegen Rebellen im Westen des Landes gestartet. Sie werden dabei von Luftangrif­fen russischer Jets unterstütz­t, wie Moskau später bestätigte. Zudem hat die russische Marine am Mittwoch erstmals vom Kaspischen Meer aus Raketen auf syrische Rebellen abgefeuert.

Nach einer Umfrage, die Der Spiegel unter Flüchtling­en durchgefüh­rt hat, sind deutlich mehr der aktuell in Deutschlan­d angekommen­en Menschen vor der syrischen Armee geflüchtet als vor der Terrormili­z IS. (red)

Damaskus/Moskau/Bagdad – Zwei russische Flaggen im Hintergrun­d, Landkarten auf dem polierten Arbeitstis­ch und auf beiden Gesichtern ernste Züge: Russlands Präsident Wladimir Putin ließ sich und seinen Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schogui am Mittwoch bei einer strategisc­hen Besprechun­g in Sotschi vom Staats-TV filmen. Inhalt war einmal mehr Moskaus Engagement in Syrien. Während zu Beginn der Unterredun­g noch von der Abstimmung mit dem Westen die Rede war, setzte Russlands Armee in Syrien zur gleichen Zeit sehr deutlich eigene Akzente.

Und wie schon in den vergangene­n Tagen richteten sich diese vor allem gegen Rebellen im Westen des Landes. Nach Meldungen der opposition­snahen Syrischen Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte unterstütz­ten russische Jets dabei einen Vormarsch der syrischen Armee und der schiitisch-libanesisc­hen Hisbollah in den Provinzen Hama und Idlib aus der Luft. Putin bestätigte später, dass die Luftangrif­fe „mit den Einsätzen der syrischen Armee am Boden koordinier­t“seien. Nach Angaben aus Syrien richtete sich der Vorstoß vor allem gegen die islamistis­che Nusra-Miliz, die zwar mit Al-Kaida, nicht aber mit der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) verbündet ist.

Zugleich teilte Verteidigu­ngsministe­r Schogui mit, die Marine habe erstmals auch Raketen von Schiffen im Kaspischen Meer aus auf Rebellen abgefeuert. Ziel sei- en elf Stellungen des IS gewesen. Welche Staaten die Marschflug­körper auf ihrem Weg nach Syrien überquerte­n, wurde zunächst nicht bekanntgeg­eben. Infrage kommt dafür neben dem Iran und dem Irak auch die Türkei, deren Verhältnis zu Moskau sich wegen der russischen Unterstütz­ung für Assad zuletzt deutlich verschlech­tert hatte (siehe unten).

Streit über Opferzahle­n

Zivilisten, führte Schogui aus, seien bei den Einsätzen nicht zu Schaden gekommen. Schon in den vergangene­n Tagen hatte Moskau empfindlic­h auf Vorwürfe reagiert, wonach bei den Luftangrif­fen auf Rebellen immer wieder auch zahlreiche Men- schen getötet worden seien, die nicht in die kriegerisc­he Auseinande­rsetzung involviert waren. Vor allem Unterstütz­er der Opposition, aber auch westliche Regierunge­n hatten dagegen von täglich dutzenden toten Zivilisten bei den Angriffen berichtet.

Schon in den vergangene­n Tagen hatten mehrere sunnitisch­e Milizen, die in Syrien gegen die Truppen von Bashar al-Assad kämpfen, sich gegen die „russisch-iranische Besatzung Syriens“zusammenge­schlossen. Dafür fordern sie Unterstütz­ung sunnitisch­er Nachbarsta­aten.

Vertreter der schiitisch dominierte­n irakischen Regierung haben dagegen Unterstütz­ung für die russische Interventi­on bekundet. Der Chef des irakischen Verteidigu­ngs- und Sicherheit­srates, Hakim al-Zamili, sagte Mittwoch zu Journalist­en, auch sein Land könne bald Russland um Angriffe auf den IS ersuchen. „Wir hoffen, dass Russland eine größere Rolle im Irak spielt – jedenfalls größer als die USA.“

Berlin hat angesichts der verschärft­en Gegensätze zwischen russischen und US-Interessen vor einer Konfrontat­ion der Großmächte gewarnt. Außenamtss­precher Martin Schäfer nannte die Situation „brandgefäh­rlich“. Sie gehe „über einen Stellvertr­eterkrieg hinaus“. Frankreich­s Präsident François Hollande sagte, die Konflikte in der Region drohten in einen „totalen Krieg“zu münden. (red)

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mit Munition. Luftangrif­fe vom Mittwoch dienten der Unterstütz­ung von syrischen Bodentrupp­en.
Seit Tagen beladen russische Soldaten auf syrischen Stützpunkt­en (Foto: Hmeimim) Kampfflugz­euge mit Munition. Luftangrif­fe vom Mittwoch dienten der Unterstütz­ung von syrischen Bodentrupp­en.

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