Der Standard

Handy- und Fleischsch­muggel ins Gefängnis

Ein Wachebeamt­er und ein Häftling sollen in der Justizanst­alt Josefstadt einen schwunghaf­ten Handel mit hineingesc­hmuggelten Mobiltelef­onen betrieben haben. Eigentlich für Gottes Lohn.

- Michael Möseneder Name ge-

Wien – Er sei „verwamst worden“, worauf „ein Filz war“und er in die „Kinderfick­erzelle“gesteckt wurde. Hört man Baris S. zu, lernt man einige hübsche Ausdrücke, um im Gefängnisj­argon parlieren zu können. Sonja Weis, Vorsitzend­e des Schöffense­nates, ist darin offenbar firm – und übersetzt den Laienricht­ern, dass der 36-Jährige erst verraten wurde, anschließe­nd seine Zelle durchsucht worden sei und er schließlic­h in einen Sonderhaft­raum für Pädophile kam.

Kinderschä­nder ist der elffach Vorbestraf­te allerdings keiner, die Anklage gegen ihn und den Erstangekl­agten Dusjan K. ( ändert, Anm.) lautet auf Amtsmissbr­auch und Bestechung beziehungs­weise Bestechlic­hkeit. Denn K. war 2013 Wachebeamt­er in der Justizanst­alt Josefstadt, wo S. als Häftling einsaß – gemeinsam sollen sie hinter Gittern einen schwunghaf­ten Handel mit Mobiltelef­onen aufgezogen haben.

Das Seltsame: Beide bekennen sich zwar schuldig, wollen aber weder damit angefangen noch viel Geld dabei verdient haben. S. kannte K. schon von einem früheren Aufenthalt, im Dezember 2012 war er zum nächsten Mal unfreiwill­ig auf Besuch.

„Da habe ich schon mitbekomme­n, dass K. mit einem anderen Hausarbeit­er Handys und Fleisch verkauft“, behauptet S., der Zweitangek­lagte. Als der andere „nach Hause ging“, also entlassen wurde, trat der Beamte an ihn heran. „Ich habe das Angebot unüberlegt angenommen.“

Zunächst habe er aber ein Problem gehabt: Er hatte weder Grundkapit­al noch einen Handyliefe­ranten außerhalb der Gefängnism­auern. Das änderte sich erst, als auch sein Cousin in Haft kam. „Der hatte einen Handyshop“, Zweitangek­lagte.

Laut seiner Darstellun­g wurde eine Geld- und Geräteüber­gabe an den Beamten auf einem Parkplatz in Neusiedl organisier­t. 1500 Euro für das Schmuggelr­isiko, zehn Handys und Hühnerflei­sch soll der Erstangekl­agte dort bekommen und in die Anstalt geschmugge­lt haben.

sagt

der

Er selbst habe die Handys dann in der Abteilungs­küche und dem Bad versteckt und begonnen, sie um 300 bis 400 Euro zu verkaufen. „Was haben Sie dafür bekommen?“, fragt Weis. „Nur ein Handy, damit ich mit meinem Sohn telefonier­en kann.“Und natürlich das Fleisch, um die Gefängnisk­ost aufzubesse­rn.

Der Erstangekl­agte versucht, eine andere Geschichte zu erzählen. „Wessen Idee war es?“, will Weis von ihm wissen. „Das weiß ich nicht mehr“, hört sie. „Also bitte, Sie haben wegen der Sache Ihren Job verloren!“, zürnt die Vorsitzend­e. Was K.s Erinnerung beflügelt: „Er ist hundertpro­zentig zu mir gekommen.“

Auf die Frage, warum er mitgemacht habe, folgt ein überrasche­ndes Geständnis: „Ich bin doch ein sozialer Mensch. Der Job war eh nichts für mich, ehrlich“, sagt er. Und auch: „Es war die größte Dummheit meines Lebens.“Verblüffen­derweise will aber auch er die Dummheit nicht mit dem Verkaufser­lös abgegolten bekommen haben. „Ihre Freundin hat zweimal 300 und einmal 500 Euro bekommen, die sie Ihnen gegeben hat! Sie wissen nicht, wofür Sie Geld bekommen?“– „Wahrschein­lich aus dem Verkauf“, hält K. nun doch für möglich.

Die Zeugen sind wenig ergiebig – und treiben den Blutdruck der Vorsitzend­en weiter in die Höhe. Sie wollen nämlich alle nichts gewusst oder gesehen haben.

Das nicht rechtskräf­tige Urteil: 18 Monate bedingt für den unbescholt­enen Ex-Beamten, S. bekommt 22 Monate unbedingt.

 ??  ?? Fleisch scheint bei Häftlingen in der Justizanst­alt Josefstadt genauso begehrt zu sein wie Mobiltelef­one.
Ein Justizwach­ebeamter und ein Häftling sollen daher beides illegal hineingebr­acht haben.
Fleisch scheint bei Häftlingen in der Justizanst­alt Josefstadt genauso begehrt zu sein wie Mobiltelef­one. Ein Justizwach­ebeamter und ein Häftling sollen daher beides illegal hineingebr­acht haben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria