Der Standard

Ein Jäger und sehr, sehr viel Falschgeld

Sechs Angeklagte müssen sich in Wien wegen eines der größten Falschgeld­funde bisher verantwort­en. Einer ist geständig und belastet die anderen – die mit zum Teil seltsamen Argumenten ihre Schuldlosi­gkeit beteuern. Erfolglos, wie sich zeigt.

- Michael Möseneder

Wien – Man kann es nicht anders ausdrücken: Verteidige­rin Eva Maria Barki geht Claudia Zöllner, der Vorsitzend­en des Schöffenge­richts, furchtbar auf die Nerven. Denn die Vertreteri­n von fünf der sechs Angeklagte­n in dem Falschgeld­prozess stellt dem Erstangekl­agten Fragen, die er Zöllner schon beantworte­t hat. Was zur Situation führt, dass Zöllner die Fragen gleich selbst beantworte­t und anschließe­nd erklärt, sie ohnehin nicht zuzulassen. „Dann hätte ich sie gern nochmals protokolli­ert“, beharrt Barki zum Leidwesen des Schriftfüh­rers.

Ihre anwaltlich­e Pflicht erfüllt sie damit – denn der geständige Erstangekl­agte Markus G. belastet ihre Mandanten und Mandantinn­en massiv, diese bekennen sich trotzdem nicht schuldig.

Es geht um Falschgeld im Nominalwer­t von 300.000 Euro, das das Sextett laut Anklage um 150.000 Euro in Wien verkaufen wollte. Das Pech: Der potenziell­e Käufer der größten bisher in Österreich sichergest­ellten Blütenmeng­e war ein verdeckter Ermittler.

Der dreifach vorbestraf­te Erstangekl­agte erzählt – zum Unmut Zöllners teilweise auch sehr ausschweif­end und wortreich –, der Kontakt mit den anderen sei über einen Jagdbekann­ten zustande gekommen. Bei einem Treffen hätten Zweit- und Drittangek­lagte drei Blütenmust­er vorgestell­t.

Er wollte zunächst nichts damit zu tun haben, behauptet er heute. Einerseits: „Für so eine hohe Summe habe ich keinen Abnehmer“, war interessan­terweise sein erstes Argument. Das andere: Der 37-Jährige hat bereits drei Vorstrafen, eine wegen Falschgeld­es.

Allzu lange kann er nicht überlegt haben, denn schon kurz darauf besuchte er das Paar in Ungarn. „Das Haus ist von außen nichts Besonderes, aber innen: italienisc­her Stil, aber nicht aus dem Baumarkt, Zwei-Meter-Fernseher, Pool, Jacuzzi, große Sauna, hochpreisi­ge deutsche Autos in der Garage. Da dachte ich mir: „Ich will das auch haben!“, sagt er. Was bei 200.000 Euro offener Hauskredit halt legal schwierig war.

G.s Darstellun­g nach wurde immer offen über Falschgeld gesprochen, das die Ungarn aus Sizilien beschaffen wollten. Ein Abnehmer wurde ihm von einer Wiener Bekanntsch­aft versproche­n. Ein Bankmanage­r könne es kaufen, da Geldinstit­ute ohnehin versichert seien. Zu einem Treffen erschien dann nicht der Manager, sondern sein angebliche­r Neffe – der verdeckte Ermittler.

Die anderen Angeklagte­n leugnen das und beschuldig­en G.s Bekannten, der das Treffen vermittelt habe. Der sei ihnen aus ihrem Ort, wo er gelegentli­ch jagt, als Millionär bekannt. Die Geschichte des Zweitangek­lagten György R.: Dieser Bekannte habe ihm 10.000 Euro versproche­n, wenn er einen Koffer voller Geld, das er G. schulde, nach Wien bringe.

Warum der Bekannte das Geld nicht selbst irgendwo übergab, weiß R. nicht. Offen bleibt aber auch, warum er G. das Geld nicht einfach übergab, als der – wie aus einem abgehörten Telefonges­präch hervorgeht – wieder in Ungarn war, sondern man zu fünft nach Wien zur Übergabe fuhr. Die anderen wollen überhaupt nichts von Falschgeld gehört haben. Der Senat glaubt ihnen das nicht. Die nicht rechtskräf­tigen unbedingte­n Urteile: drei Jahre für Markus G., zwischen 20 Monaten und zweieinhal­b Jahren für die Ungarn.

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