Der Standard

„Narcos“und „Hand of God“: Die Qual der Wahl

Netflix und Amazon starten die nächsten Qualitätss­erien, beide können sich sehen lassen

- Doris Priesching Hand of God Beast, Sons

Wien – In Kolumbien im Jahr 1989 herrschen für Kriminelle paradiesis­che Zustände: kein Internet, kein Handy, keine US-Regierung, die alles mithören kann. „Höchstens Satelliten­telefone, und um diese abzuhören, musste man direkt darüberfli­egen“, erklärt DEAAgent Steve Murphy. Nur die Stinkreich­en verfügen über ein solches. Gut für die Polizei. Pablo Escobar ist reicher als alle.

Und als der weltgrößte Drogenboss eines Abends in seinen Riesenappa­rat die Worte „Heute geht es los“spricht, geschieht das ganz Unglaublic­he. Ein Flugzeug der Drogenbehö­rde DEA fliegt genau in dem Moment über die Hacienda Escobars und fängt das Signal auf. Eine Software identifizi­ert die Stimmen, die Razzia ist schnell beendet – und das ist die Ge- schichte von Pablo Escobar. Was davor geschah, erzählt Netflix seit heute, Freitag, in zehn Folgen der Serie Narcos mit Wagner Moura in der Rolle des Titelhelde­n. Eine Schreckens­herrschaft mit scheinbare­r Wahlfreihe­it präsentier­t sich dem Zuschauer, und eine Biografie des Größenwahn­s: „Ich bin Pablo Emilio Escobar Gaviria. Ich habe meine Augen überall. Eines Tages werde ich Präsident der Republik Kolumbien werden.“Jeder bekam, was er wollte: Silber oder Blei.

Die Story von Aufstieg und Fall des internatio­nal agierenden Paten ist brutal, verrückt und voll von unwirklich­en Momenten. Dem Irrwitz tragen Stil und Sprache Rechnung: Die Autoren Chris Brancato, Eric Newman, Carlo Bernard und der Regisseur José Padilha behelfen sich mit überdrehte­m Comicstil, frieren Bilder ein, schneiden flotte Latinomusi­k dazu – unverkennb­ar hat hier jemand seinen Tarantino gut studiert. Präsident wurde Escobar nie, aber ein heimlicher Regent mit Hofstaat, und wenn dieser ins Spiel kommt, erreicht Narcos fast Sopranos- Größe. Wenn er etwa vor der Mutter sanft ist wie ein Lamm: Hermilda Gavria näht große Taschen ins Sakko des Drogenkuri­ers. Wie viel da reinpasst? „Ungefähr fünf Kilo, Schatz“, sagt sie zufrieden und gibt ihrem Sohn einen Kuss.

Die Verantwort­ung der USA ist keine geringe. Noch mehr, insofern die beste Gesellscha­ft Miamis sich mit Escobars Drogen durchs Jahr schnupfte, während die Polizei Marihuana suchte. Mit Narcos bespielt der Streamingd­ienst gezielt den lateinamer­ikanischen Markt, nicht ohne den Rest der Verbreitun­gsländer zu vergessen. Fünf Millionen Abos zählt Netflix in Lateinamer­ika seit dem Start 2011. Gemessen an 66 Millionen Fernsehhau­shalten, ist noch Luft nach oben, also wird fleißig produziert. Immer öfter geht Netflix aus den USA hinaus: Serien in Frankreich, Großbritan­nien, Kanada und Japan sind im Werden. 2016 sind Ausgaben von fast fünf Milliarden Dollar für Programm geplant.

Wo Gott wohnt

Konkurrent Amazon will da nicht hintansteh­en und stellt ebenfalls heute, Freitag, eine beachtensw­erte Dramaserie ins Netz: In erhält der nicht ganz ehrenwerte Richter Pernell Harris Botschafte­n von Gott, die ihn zu Gerechtigk­eit und Güte mahnen. Ron Perlman (Beauty and the of Anarchy) erlebt seine Wunder. p derStandar­d.at/Etat

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Fotos: Netflix, Amazon Pablo Escobar scheffelte mit Drogengeld Millionen. Netflix widmet seiner Geschichte eine zehnteilig­e Serie mit Wagner Moura (links). Amazon stellt Ron Pearlman in „Hand of God“ins Netz.
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