Es hängt auch vom Kopf von Beate ab
Victoria Max-Theurer, die ihre vierte Teilnahme an Olympischen Spielen anstrebt, hat umgesattelt. Ihr Wallach Augustin verzichtet auf Rio 2016, die Stute Blind Date alias Beate springt ein – schon bei der EM in Aachen.
Aachen/Wien – 26-köpfig, so die offizielle Lesart, ist Österreichs Kader für die Pferdesport-Europameisterschaft, die am Mittwoch in Aachen anhebt, zwölf Tage währt und Bewerbe in Dressur, Springen, Reining, Fahren und Voltigieren umfasst. Die offizielle Lesart hat bloß jenen Fehler, dass sie die Pferdeköpfe nicht mitzählt, insgesamt ist das Aufgebot also gut und gerne 60-köpfig, zwar bringt nicht jeder Voltigierer sein eigenes Ross nach Aachen mit, dafür spannen die fünf Fahrer jeweils vier Pferde vor. In den nichtolympischen Sparten, im Voltigieren und Fahren sowie im Reining, einer Westernreitprüfung, hat Österreich auch die größten Chancen auf Spitzenplätze.
Olympisch – neben der Vielseitigkeit, die nicht Teil der EM ist – ist das Springreiten, olympisch ist die Dressur. Hier hängen die Trauben höher, schließlich geht es schon um die Qualifikation für die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro. Nach derzeitigem Stand hat Victoria Max-Theurer in der Dressur recht gute Chancen auf Rio, ansonsten wird es eher eng, die Qualifikation einer österreichischen Equipe käme schon einer Überraschung gleich. Max-Theurer freilich, erst 29 Jahre alt, strebt ihre vierte Olympia-Teilnahme an. 2012 schaffte sie Rang 13, bei den Weltreitspielen 2014 schob sie sich mit zwei sechsten Plätzen (GP Special, GP Kür) noch weiter nach vorne. Doch Aachen ist für Max-Theurer ein Neubeginn.
Oh, du lieber Augustin
Ihre größten Erfolge, auch drei fünfte EM-Plätze 2009, hatte die Oberösterreicherin auf Augustin erzielt, der 15-jährige Wallach ist aber nicht nur verlässlich, sondern leider auch Kolik-anfällig und auf ein bestimmtes Futter angewiesen, das nicht nach Brasilien eingeführt werden darf. Rio 2016 ist für Augustin, der gemeinsam mit Max-Theurer aus demselben Grund schon auf die WM 2011 in Lexington, Kentucky, verzichtet hatte, also kein Thema. Und so weit reicht Max-Theurers Solidarität dann auch wieder nicht, dass sie auf Rio verzichten wollte. Sie hat umgesattelt, setzt (sich) schon seit geraumer Zeit auf die 13-jährige Stute Blind Date.
Seit gut einem Jahr bringt das Duo konstant starke Leistungen, in der Weltrangliste liegt MaxTheurer mit „Beate“, wie Blind Date gerufen wird. auf Rang 24. „Sie hat eine unglaubliche Qualität“, beschreibt Max-Theurer das Ross, das sie 2012 erwarb, „und sehr viel Potenzial.“Der Reiterin käme jedenfalls nicht über die Lippen, dass Stuten Pferde wie Wallache oder gar Hengste wären. „Beate ist eine Dame“, sagt MaxTheurer, „und will auch so behandelt werden.“Nämlich gut, nämlich aufmerksam, nämlich zuvorkommend. „Wir gehen unbeschwert in die EM und schauen, was herauskommt.“
Das klingt entspannt angesichts der Tatsache, dass „Beate“ihr erstes großes Championat bestreitet. Laut Max-Theurer komme es „auf den Kopf von Beate an“, es könne „immer etwas in die Hose gehen“, allein schon angesichts der vielen Zuseher. Im Grand Prix, der sich auf zwei Tage verteilt und in dem Max-Theurer wohl am Donnerstag an die Reihe kommt, wird das 40.000 Besucher fassende Stadion noch nicht restlos gefüllt sein, im GP Special (Samstag) und in der Kür (Sonntag) eher schon. Der erste Cut wird nach dreißig, der zweite nach 15 Paaren gezogen, zumindest die GP-Special-Qualifikation ist Max-Theurers Ziel.
Elisabeth Max-Theurer, die 1980 in Moskau Olympiasiegerin war, Victorias Mutter und Präsidentin des Pferdesportverbands (OEPS) ist, hält gar die OlympiaQualifikation der Mannschaft für möglich. Die Tochter gibt sich da eher zurückhaltend, schließlich haben ihre Teamkolleginnen Evelyn Haim-Swarovski, Astrid Neumayer und Alexandra Slanec kaum Championatsroutine.
Für die Springreiter Roland Englbrecht, Dieter Köfler, Max Kühner und Markus Saurugg, die erst nächste Woche an die Reihe kommen, gilt Ähnliches. Immerhin steht ihnen als Verbandsreferent ein gewisser Hugo Simon (73) zur Seite, und dessen Routine sucht ihresgleichen.