Demonstration für Flüchtlinge vor überfülltem Lager
Rund 200 Unterstützer der Flüchtlinge kamen am Sonntag zu einer Kundgebung in Traiskirchen – und trafen auf mehrere Dutzend Gegner. Zu größeren Zwischenfällen kam es jedoch nicht.
Wien/Traiskirchen – Mehr als 200 Menschen demonstrierten am Sonntag in Traiskirchen für die Flüchtlinge – und mit ihnen gemeinsam – in dem völlig überfüllten Erstaufnahmezentrum. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Der Zustrom nach Europa hält weiter an: In Niederösterreich wurden in einem Kastenwagen 42 Flüchtlinge gefunden, die stundenlang auf gut sechs Quadratmetern gepfercht waren. (red)
Traiskirchen/Wien – Die Maximalforderung der Demonstranten ist unüberhörbar: „No borders, no nations, no deportations“skandieren die rund 200 Personen vor dem Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. 70, 80 andere Anwesende können mit der Forderung „Keine Grenzen, keine Nationen, keine Deportationen“weit weniger anfangen: Sie werden durch einen Polizeikordon auf Distanz gehalten.
Viele Teilnehmer der von der Österreichischen Hochschülerschaft angemeldeten Solidaritätskundgebung mit den Flüchtlingen stammen aus dem völlig überfüllten Lager. Die Stimmung ist anfangs etwas aufgeheizt, haarig wird es auch später bei einer Standkundgebung auf dem Hauptplatz der niederösterreichischen Gemeinde. Als Gegner beginnen, eine österreichische Fahne zu schwenken, sorgt das für Pfiffe, Gedränge und Unmutsäußerungen.
Es gibt aber auch ruhige Gespräche zwischen den beiden Parteien. Die Gegner der Flüchtlinge beschäftigt die hohe Arbeitslosigkeit in Österreich und die Frage, warum die Fremden nicht im ersten sicheren Land bleiben, sondern nach Westeuropa wollen. Unterstützer wiederum argumentieren, dass der überwiegende Teil aus Bürgerkriegsstaaten stamme und Europa die Pflicht habe, Kriegsflüchtlingen Schutz zu bieten.
Einigkeit herrscht in einer Passantengruppe, dass es inakzep- tabel sei, dass Kinder im Freien schlafen müssen. Ein älterer Herr ist überzeugt, dass jüngere Männer ihre Zimmer für die Familien hergeben sollten. Ein Sympathisant hält es dagegen für die Wurzel des Übels, dass das Lager von einer Schweizer Aktiengesellschaft betreut wird – und die nur an Gewinn interessiert sei.
Wie hoch der ist, ist schwierig zu beurteilen. Die Betreiberfirma ORS gehört der Schweizer Ox Group, die im Sommer 2013 von der britischen Equistone Partners Europe (EPE) gekauft worden ist. Diese wiederum gehört laut Homepage rund 30 institutionellen Anlegern und der Barclays Bank. Bisher hat EPE fünf Fonds im Volumen von bis zu zwei Milliarden Euro aufgelegt.
In Traiskirchen müssen jedenfalls viele Menschen derzeit unter freiem Himmel schlafen – der Regen am Wochenende sorgte für eine ungemütliche Nacht. Laut Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, wurden sie in Garagen und Warteräumen untergebracht, auch in neuerlich georderten Bussen fanden sie Unterschlupf.
42 Flüchtlinge in Kastenwagen
Der Andrang nach Mitteleuropa hält unterdessen an. Laut niederösterreichischer Polizei wurde auf der Ostautobahn ein bulgarischer Kastenwagen angehalten, da dieser in Schlangenlinien gefahren sei. Nachdem die Beamten den versperrten Laderaum geöffnet hatten, entdeckten sie dort 42 Migranten – zusammengepfercht auf 6,5 Quadratmetern. Laut deren Aussagen seien sie bei brütender Hitze acht Stunden ohne Getränke und Pause unterwegs gewesen. Einige Passagiere, die Jüngsten sechs Jahre alt, mussten wegen Kreislaufproblemen behandelt werden. Der mutmaßliche 37-jährige Schlepper wurde festgenommen.
In Salzburg hatten Passanten gemeldet, dass an der Grenze zu Deutschland dutzende Personen aus einem Lieferwagen ausgestiegen waren; kurz darauf griff die bayrische Polizei 38 Menschen auf. Der Lenker des Lieferwagens, ein 26-jähriger Italiener, konnte festgenommen werden. Er sagte aus, in Budapest von einem Pakistaner für die Fahrt nach Salzburg und retour angeworben worden zu sein.
Für Arbeit bei Polizei und Justiz im Zusammenhang mit Flüchtlinge sorgen zwei weitere Vorfälle in Niederösterreich. Vier junge Männer zwischen 18 und 20 Jah- ren hatten in Wiener Neustadt mit Softguns auf Flüchtlinge geschossen, was bei diesen blaue Flecken zur Folge hatte. Das geständige Quartett wurde mittlerweile gegen gelindere Mittel auf freien Fuß gesetzt. Laut Birgit Borns, Sprecherin des Gerichts Wiener Neustadt, bekamen die Unbescholtenen bis zum etwaigen Prozess Bewährungshilfe und die Weisung, ihren Job nicht zu kündigen.
Noch am Ermitteln ist die Polizei dagegen bei einer Massenschlägerei im Lager Traiskirchen, bei der eine Asylwerberin und eine Polizistin leicht verletzt wurden. Was die Auseinandersetzung zwischen Afghanen und Somaliern ausgelöst hatte, konnte Polizeisprecher Markus Heindl am Sonntag noch nicht sagen.