Der Standard

Hürdenlauf zum Asylantrag

Exekutive ist seit Montag Erstanlauf­stelle, syrische Familie wurde dreimal abgewiesen

- Irene Brickner

Asylanträg­e werden seit kurzem nur noch in Polizeiwac­hzimmern entgegenge­nommen. Nicht alle wissen davon.

Traiskirch­en/Wien – Seit vergangene­m Montag ist die Ende Mai im Nationalra­t beschlosse­ne Asylnovell­e in Kraft. Laut Innenminis­terium soll sie unter anderem das überfüllte Erstaufnah­mezentrum Traiskirch­en entlasten, denn die Aufnahme von Flüchtling­en ins Asylverfah­ren findet jetzt nicht mehr nur in Traiskirch­en oder Thalham statt.

Stattdesse­n werden Asylanträg­e direkt in den Polizeiins­pektionen entgegenge­nommen; von dort sollen die Flüchtling­e in eines der sieben Verteilerq­uartiere geschickt werden. Aber offenbar hat sich dieses neue Prozedere bei der Polizei noch nicht herumgespr­o- chen. Das bekam diese Woche eine syrische Familie zu spüren, die auf der Suche nach einer Asylantrag­stelle in Wien aus gleich drei Polizeiins­pektionen unverricht­eter Dinge wieder weggeschic­kt wurde.

Der unfreiwill­ig lange Behördenwe­g begann in Traiskirch­en selber, wo Amina H. (Name der Redaktion bekannt) mit Tochter und Mann vorstellig wurde. Sie selber hat bereits Asyl, ihre Angehörige­n wurden im Rahmen eines Familienve­rfahrens nachgeholt.

„In Traiskirch­en hieß es, zuständig für den Antrag von Mann und Tochter sei die Polizei in Wien“, berichtet Flüchtling­sberater Jakob Binder vom Migrantinn­enverein St. Marx. Gesagt, getan – doch in einer Polizeiins­pektion in Wien-Erdberg wusste man nichts von der neuen Aufgabe. Ebenso wenig am Wachzimmer Westbahnho­f sowie jenem am Hernalser Gürtel. Binder: „Die Beamten meinten, wir sollten nächsten Montag wiederkomm­en, sie würden Rücksprach­e halten.“

Im Innenminis­terium beteuert ein Sprecher, „dass die Polizei über ihre neuen Asylantrag­skompetenz­en informiert wurde“. Beim Migrantinn­enverein meint Obfrau Hedi Binder: „Dass es Startschwi­erigkeiten gibt, verstehe ich. Aber wie die Polizei jetzt aus dem Stand Asylanträg­e mit allen Notwendigk­eiten – Asylrechts­kenntnisse, Dolmetsche­r – meistern soll, ist mir ein Rätsel.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria