Der Hypo-Ausschuss hat noch viel Luft nach oben
Zwischenbilanz: Wiederkäuen bereits gegessener Themen lähmt die Aufarbeitung des Bankenskandals
ANALYSE:
Möglicherweise waren die Erwartungen zu hoch, eventuell ist das Thema zu komplex, vielleicht waren aber auch die Abgeordneten zu langatmig: Die Untersuchung des größten Kriminalfalls der Zweiten Republik, wie es stereotyp heißt, zog sich in den letzten Wochen und Monaten wie ein Strudelteig. Nach Ostern waren die Debatten um Aktenschwärzungen und Zeugenladungen noch ein medialer Aufreger, doch seit inhaltlich gearbeitet wird, vermag die Aufarbeitung des Hypo-Skandals nicht so recht zu interessieren.
Das liegt nicht zuletzt an den Ausschussmitgliedern. Erst käuten sie mit der Aufsicht ein bereits mehrmals abgehandeltes Thema wieder. Bereits der Banken-Untersuchungsausschuss und der Kärntner Landtag hatten sich dem Thema gewidmet. Dass Staatskommissäre, die an Aufsichtsratsund Kreditausschusssitzungen der Banken teilnehmen, fleißig Berichte schrieben, aber nie Alarm schrien, ist ebenso bekannt wie die dürftige Zusammenarbeit von Nationalbank und Finanz- marktaufsicht. Dieses Bild hat sich im Ausschuss verfestigt. Immerhin wies eine stellvertretende Kommissärin Ende 2008 rund um die erste Hypo-Staatshilfe vehement auf völlig realitätsfremde Gewinnprognosen der Bank hin. Doch wie so oft kaufte man die von Finanzguru Tilo Berlin Ende 2008 gebauten Luftschlösser und schlug die Warnhinweise in den Wind.
Wenn dann die Argumente für Nichteinschreiten der Aufsicht rar wurden, musste meist die alte Gesetzeslage als Grund dafür herangezogen werden. Denn tatsächlich wurden viele Instrumente erst nach den Querelen um Bawag und Hypo geschärft.
Wenige Highlights
Auch in anderer Hinsicht machten die Abgeordneten sich und der Öffentlichkeit das Leben schwer. Warum neuerlich gerichtlich umfassend abgehandelte Causen wie Swap-Verluste, Vorzugsaktien oder Styrian Spirit geknetet wurden, erschloss sich vielen Beobachtern nicht. Auch die Einblicke in die Kärntner Machenschaften waren wenig ergiebig. Die Umstände der Hypo-Expansion, die politische Einflussnahme und die schicksalträchtigen Landeshaftungen können zwar als Mitgrund für das Debakel nicht hoch genug eingeschätzt werden. Doch was man dazu im Ausschuss erfuhr, glich oft einem Abklatsch bisheriger Untersuchungsergebnisse.
Ausnahmen bestätigen die Regel: Wie Jörg Haider via KarlHeinz Grasser die Finanzmarktaufsicht in die Mangel nahm und mithilfe des heutigen Justizministers Wolfgang Brandstetter verfolgte, kann schon als Leckerbissen der Aufarbeitung betrachtet werden. Auch der eine oder andere Kreditfall gab tiefe Einblicke in das System Hypo. Die Causa Puris beispielsweise, bei der die Spitzen der Aufsicht vom Bankprüfer über angebliche Kickbackzahlungen informiert wurden, war zumindest eine kleine Bombe. Blöd nur, dass die Vorwürfe mangels Erhärtung der Verdachtslage wieder zurückgezogen wurden.
Nicht gerade beschleunigt wurde die Fact-Finding-Mission durch das Hin-und-her-Springen bei den Fragen der Abgeordneten und die teils verbalen Ergüsse selbiger. Besonders FPÖ-Mandatar Gernot Darmann hörte sich gerne selbst re- den, aber auch Grünen-Frontman Werner Kogler zeigte einen Hang zum Monolog. Der seit Jahren versierte Hypo-Insider konnte sich bisher entgegen den Erwartungen nicht recht in Szene setzen. Zumindest was die Schärfe der Fragen anbelangt, trat am ehesten Robert Lugar in die Fußstapfen von Ausschuss-Legende Peter Pilz.
Echte Treffer gelangen dem Team-Stronach-Mann allerdings nicht, dafür erhielt er die meisten Strafpunkte für Unterstellungen und Suggestivfragen. Rainer Hable von den Neos erhielt auch von Kollegen anderer Coleur gute Noten für akribisches Aktenstudium und prägnante Fragen.
Aufgrund historischer Handicaps naturgemäß schwieriger stellte sich die Lage für die Regierungsparteien und die FPÖ dar, die sich deshalb besonders auf die ihnen passenden Angriffsziele konzentrierten. Für SPÖ und ÖVP waren das die Kärntner Zeit und die Rolle Jörg Haiders. Die Blauen stürzten sich auf bayerisches Regiment und Verstaatlichung. Letztere Phase und die Zeit danach werden erst ab Herbst untersucht. Das könnte nach holprigem Start noch spannend werden.