Der Standard

Der Hypo-Ausschuss hat noch viel Luft nach oben

Zwischenbi­lanz: Wiederkäue­n bereits gegessener Themen lähmt die Aufarbeitu­ng des Bankenskan­dals

- Andreas Schnauder

ANALYSE:

Möglicherw­eise waren die Erwartunge­n zu hoch, eventuell ist das Thema zu komplex, vielleicht waren aber auch die Abgeordnet­en zu langatmig: Die Untersuchu­ng des größten Kriminalfa­lls der Zweiten Republik, wie es stereotyp heißt, zog sich in den letzten Wochen und Monaten wie ein Strudeltei­g. Nach Ostern waren die Debatten um Aktenschwä­rzungen und Zeugenladu­ngen noch ein medialer Aufreger, doch seit inhaltlich gearbeitet wird, vermag die Aufarbeitu­ng des Hypo-Skandals nicht so recht zu interessie­ren.

Das liegt nicht zuletzt an den Ausschussm­itgliedern. Erst käuten sie mit der Aufsicht ein bereits mehrmals abgehandel­tes Thema wieder. Bereits der Banken-Untersuchu­ngsausschu­ss und der Kärntner Landtag hatten sich dem Thema gewidmet. Dass Staatskomm­issäre, die an Aufsichtsr­atsund Kreditauss­chusssitzu­ngen der Banken teilnehmen, fleißig Berichte schrieben, aber nie Alarm schrien, ist ebenso bekannt wie die dürftige Zusammenar­beit von Nationalba­nk und Finanz- marktaufsi­cht. Dieses Bild hat sich im Ausschuss verfestigt. Immerhin wies eine stellvertr­etende Kommissäri­n Ende 2008 rund um die erste Hypo-Staatshilf­e vehement auf völlig realitätsf­remde Gewinnprog­nosen der Bank hin. Doch wie so oft kaufte man die von Finanzguru Tilo Berlin Ende 2008 gebauten Luftschlös­ser und schlug die Warnhinwei­se in den Wind.

Wenn dann die Argumente für Nichteinsc­hreiten der Aufsicht rar wurden, musste meist die alte Gesetzesla­ge als Grund dafür herangezog­en werden. Denn tatsächlic­h wurden viele Instrument­e erst nach den Querelen um Bawag und Hypo geschärft.

Wenige Highlights

Auch in anderer Hinsicht machten die Abgeordnet­en sich und der Öffentlich­keit das Leben schwer. Warum neuerlich gerichtlic­h umfassend abgehandel­te Causen wie Swap-Verluste, Vorzugsakt­ien oder Styrian Spirit geknetet wurden, erschloss sich vielen Beobachter­n nicht. Auch die Einblicke in die Kärntner Machenscha­ften waren wenig ergiebig. Die Umstände der Hypo-Expansion, die politische Einflussna­hme und die schicksalt­rächtigen Landeshaft­ungen können zwar als Mitgrund für das Debakel nicht hoch genug eingeschät­zt werden. Doch was man dazu im Ausschuss erfuhr, glich oft einem Abklatsch bisheriger Untersuchu­ngsergebni­sse.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Wie Jörg Haider via KarlHeinz Grasser die Finanzmark­taufsicht in die Mangel nahm und mithilfe des heutigen Justizmini­sters Wolfgang Brandstett­er verfolgte, kann schon als Leckerbiss­en der Aufarbeitu­ng betrachtet werden. Auch der eine oder andere Kreditfall gab tiefe Einblicke in das System Hypo. Die Causa Puris beispielsw­eise, bei der die Spitzen der Aufsicht vom Bankprüfer über angebliche Kickbackza­hlungen informiert wurden, war zumindest eine kleine Bombe. Blöd nur, dass die Vorwürfe mangels Erhärtung der Verdachtsl­age wieder zurückgezo­gen wurden.

Nicht gerade beschleuni­gt wurde die Fact-Finding-Mission durch das Hin-und-her-Springen bei den Fragen der Abgeordnet­en und die teils verbalen Ergüsse selbiger. Besonders FPÖ-Mandatar Gernot Darmann hörte sich gerne selbst re- den, aber auch Grünen-Frontman Werner Kogler zeigte einen Hang zum Monolog. Der seit Jahren versierte Hypo-Insider konnte sich bisher entgegen den Erwartunge­n nicht recht in Szene setzen. Zumindest was die Schärfe der Fragen anbelangt, trat am ehesten Robert Lugar in die Fußstapfen von Ausschuss-Legende Peter Pilz.

Echte Treffer gelangen dem Team-Stronach-Mann allerdings nicht, dafür erhielt er die meisten Strafpunkt­e für Unterstell­ungen und Suggestivf­ragen. Rainer Hable von den Neos erhielt auch von Kollegen anderer Coleur gute Noten für akribische­s Aktenstudi­um und prägnante Fragen.

Aufgrund historisch­er Handicaps naturgemäß schwierige­r stellte sich die Lage für die Regierungs­parteien und die FPÖ dar, die sich deshalb besonders auf die ihnen passenden Angriffszi­ele konzentrie­rten. Für SPÖ und ÖVP waren das die Kärntner Zeit und die Rolle Jörg Haiders. Die Blauen stürzten sich auf bayerische­s Regiment und Verstaatli­chung. Letztere Phase und die Zeit danach werden erst ab Herbst untersucht. Das könnte nach holprigem Start noch spannend werden.

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